17.11.2024 20:45:46
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„Wir hatten noch nie einen Forderungsausfall“, Stephan Schnippe, CEO, Score Capital AG
Score Capital kauft Forderungen aus Spielertransfers, TV-Vermarktung, Sponsoring und UEFA-Preisgeldern der europäischen Spitzenvereine und verkauft diese an institutionelle Investoren. Die Mittel aus der Anleiheemission sollen vorwiegend zum Kauf von Forderungen, insbesondere von Transferforderungen, genutzt werden. Die Vereine nutzen diese Möglichkeit, um aktiv ihr Cashmanagement zu steuern. Im Gespräch mit dem BOND MAGAZINE betont CEO Stephan Schnippe die Stabilität des Geschäftsmodells und dass die Gesellschaft noch nie einen Forderungsausfall hatte.
BOND MAGAZINE: In welchen Bereichen ist Score Capital tätig?
Schnippe: Was wir machen, machen wir seit 20 Jahren. Mein Kollege und ich haben das Geschäft vor 20 Jahren bei einer Bank aufgebaut und haben uns 2015 selbständig gemacht. 2016 haben wir die Score Capital AG gegründet. Unser Hauptgeschäft ist die Vorfinanzierung von Transferansprüchen. Im Grunde ist das vergleichbar mit Forfaitierung. In den Medien wird oft über Transfers von 20, 30 oder 50 Mio. Euro berichtet. Diese werden i.d.R. nicht auf einmal bezahlt. Bleiben wir bei dem Beispiel mit 30 Mio. Euro. Dann sind häufig 10 Mio. Euro mit Abschluss des Transfervertrags fällig, 20 Mio. Euro in ein, zwei oder drei Jahren. Wir kaufen die künftigen Ansprüche aus dem Transfervertrag an. Wir zinsen den Betrag ab und berechnen unsere Gebühren. Wir geben dem Verkäufer des Spielers das Geld sofort, und der kaufende Verein zahlt uns das Geld gemäss Transfervertrag.
Der grosse Vorteil in unserem Geschäft ist, dass es keine Einreden gegen das Grundgeschäft gibt. Wenn der Spieler „geliefert“ wird, dann ist er zu bezahlen. Entscheidend ist nicht, ob er danach spielt oder nicht. Man hat nur das Risiko, dass der Käufer des Spielers – Bayern München, Liverpool oder Manchester City – nicht bezahlen kann.
BOND MAGAZINE: Jetzt haben Sie aber kapitalkräftige Vereine genannt. Diese Vereine könnten vermutlich direkt bezahlen.
Schnippe: Ja, aber wenn man die Möglichkeit hat, eine Verbindlichkeit in Raten zu bezahlen, weshalb sollte man das dann nicht tun? Die Transferverträge beinhalten keine Zinskosten. Auch die kapitalkräftigen Vereine zahlen i.d.R. in Raten. Der Verkäufer kann zu mir kommen und sich die Forderung forfaitieren lassen. Wir sind ein Bindeglied zwischen Käufer und Verkäufer eines Spielers und bieten einen Nutzen. Wir verstehen uns nicht als Bank, wir wollen keine Bilanz aufbauen. Wir verstehen uns als Händler. Wir kaufen die Forderung gegen einen Topverein und verkaufen sie wieder an Investoren, wie z.B. an Banken, Versicherungen, oder verbriefen sie am Kapitalmarkt. Unser Ziel ist es, das Handelsvolumen zu erhöhen und risikolose Erträge zu erzielen.
BOND MAGAZINE: Wie viele Transfers finanzieren Sie pro Jahr?
Schnippe: Wir versuchen möglichst viele Transfers pro Jahr zu machen. Wir sind stark bei Transfersummen bis zu 20 Mio. Euro. Die meisten Transaktionen, die wir machen, liegen im einstelligen Millionenbereich, also bis zu 10 Mio. Euro. Wir wollen pro Jahr 40 bis 50 Transaktionen begleiten, also möglichst breit gestreut. Wir möchten nicht die eine ganz grosse Transaktion. Entscheidend ist, dass wir beim Weiterverkauf der Forderung verdienen.
BOND MAGAZINE: Sie bezeichnen sich als Händler. Dann ist die Umschlagshäufigkeit entscheidend. Aber es gibt doch „Transferzeitfenster“. Sind Sie nicht dadurch limitiert, dass viele Transfers fast zeitgleich stattfinden?
Schnippe: Wir haben Score Capital vor neun Jahren gegründet, unser Umschlag liegt etwa beim Drei- bis Vierfachen. Wenn wir eine Anleihe im Volumen von 20 Mio. Euro platzieren, dann können wir damit ein Neugeschäft von 60 bis 80 Mio. Euro generieren. Es ist richtig, es gibt zwei grosse Transferfenster, im Winter und im Sommer. Das Winterfenster ist etwas schwächer, das Sommerfenster ist etwas stärker. Natürlich machen wir dann das meiste Geschäft. Fussballvereine haben aber aufgrund der Einnahmenströme im Oktober/November und im April/Mai niedrigere Einnahmen. In dem Zeitraum werden auch Transferforderungen verkauft.
BOND MAGAZINE: Die Transferforderungen werden also nicht immer bei Abschluss verkauft, sondern auch unterjährig zur Schaffung von Liquidität. Also können Sie auch während der Saison mehrmals in Folge Transaktionen finanzieren?
Schnippe: Unser Hauptgeschäft machen wir während der Transferfenster, aber auch unterjährig, auch jetzt sind wir gut beschäftigt. Die Vereine nutzen uns, um aktiv ihr Cashmanagement zu steuern. Es gibt börsennotierte Vereine, die tauschen kurz vor dem 30.06. Forderungen gegen Cash. Wenn man z.B. einen Trainer entlässt, kostet das Geld. Unsere Dienstleistung ist für die Vereine sehr smart. Der Verein verkauft uns eine Forderung und bekommt Cash dafür.
BOND MAGAZINE: Viele Clubs haben doch reiche Eigentümer.
Schnippe: Ja, das ist richtig. Es gibt aber die Financial Fair Play-Regeln zur Clublizenzierung. Die UEFA möchte auch, dass der Wettbewerb nicht zu sehr von Geld bestimmt wird. Die Vereine bekommen von uns relativ unkompliziert Geld. Wir sind in der Lage, weltweit Fussballvereine einzuschätzen. Wir haben ein eigenes Ratingsystem, das auf 2.500 Einzeltransaktionen beruht. Unsere Datenbank ist vermutlich einzigartig. Unsere Transaktionen wickeln wir mit unserer Standarddokumentation schnell ab. Die Vereine bekommen von uns das Geld also sehr zügig und unkompliziert.
BOND MAGAZINE: Haben Sie ein Zahlenbeispiel?
Schnippe: Wir haben gerade eine Transaktion für 6,1 Mio. Euro angekauft. Es gibt vier Raten für die Kaufpreiszahlung. Wir haben diese Transaktion mit 7,4% abgezinst angekauft. Die Verzinsung ist also niedriger als 8,0%, die ich für die Anleihe zahle. Von den vier Raten habe ich dreieinhalb verkauft.
BOND MAGAZINE: Sie verkaufen nicht die Gesamtforderung weiter?
Schnippe: Nein, wir machen das kundenorientiert. Ich kann jede Rate einzeln verkaufen oder auch Teile der Rate. Von den vier Raten verkaufe ich zwei an eine Bank, eine Rate an eine andere Bank und von der ersten Rate kauft diese Bank nochmal die Hälfte. Von der gesamten Transaktion bleibt bei mir rund 1 Mio. Euro auf der Bilanz. Diese Rate ist aber im Januar 2025 fällig, die behalten wir auf der Bilanz. Durch den Verkauf der dreieinhalb Raten verdienen wir 88.000 Euro. Für die 1 Mio. Euro zahle ich 8% (Anleihekupon) bis Januar 2025. Das kostet mich also rund 15.000 Euro. Ich bekomme aber 7,4%. Ich mache also einen Zinsverlust von 1.000 Euro für die 1 Mio. Euro. Aber durch den Verkauf der dreieinhalb Raten haben wir 88.000 Euro verdient.
BOND MAGAZINE: Weshalb behalten Sie die 1 Mio. Euro? Sie sagten doch, dass Sie auch verbriefen.
Schnippe: Dafür ist in diesem Fall die Laufzeit zu kurz. Deshalb benötige ich die Anleihe. Damit bekomme ich die Flexibilität. Wenn ich die 1 Mio. Euro nicht behalten könnte, dann könnte ich die gesamte Transaktion nicht machen.
BOND MAGAZINE: Das Geschäftsmodell ist cool, aber Ihre Bilanzstruktur nicht.
Schnippe: Wir sind ein Händler mit einem hohen Handelsvolumen. Wir haben eine Bilanzsumme von 35 Mio. Euro, bei 2 Mio. Euro Eigenkapital. Wir sind damit kein klassischer Anleiheemittent. Wir stellen ja kein Produkt her, das wir verkaufen, sondern wir bewegen uns in einer eigenen Assetklasse und handeln werthaltige Forderungen. Da ist eine niedrige Eigenkapitalquote nicht aussagekräftig. Wir hatten noch nie einen Forderungsausfall. In diesem Punkt bieten wir also weniger Risiko als produzierende Unternehmen.
Warum ist das so? Für Transferforderungen gibt es einen „Schutzschirm“ von FIFA und UEFA. Denn in deren Regularien ist geregelt, dass Vereine, die Transferzahlungen nicht bezahlen, keine Spiellizenz erhalten. Und diese Regeln werden von den nationalen Verbänden übernommen. Vereine, die eine Transferverbindlichkeit nicht bezahlen würden, würden die Geschäftsgrundlage verlieren. Alle Vereine, die theoretisch international spielen könnten, müssen der UEFA drei Mal pro Jahr nachweisen, dass sie ihre Transferverbindlichkeiten bezahlt haben. Das System ist relativ sicher. Und deshalb haben wir keine Ausfälle.
BOND MAGAZINE: Wie sind die Eckpunkte Ihrer Anleihe?
Schnippe: Die Anleihe hat eine Laufzeit von 3 Jahren, ein Volumen von bis zu 20 Mio. Euro und einen Kupon von 8,00% p.a. Die Anleihe ist unbesichert. Aber wir garantieren dem Anleger, dass in Höhe der Anleihe freie Vermögenswerte auf der Aktivseite der Bilanz sind.
BOND MAGAZINE: Wer sind Ihre Mitbewerber?
Schnippe: Wir, mein Kollege und ich, haben dieses Segment erfunden. Wir haben 2004 das erste Mal eine Forderung eines Top-Clubs angekauft und daraus ein erfolgreiches Geschäft aufgebaut. Weltweit gibt es vier Anbieter, das sind drei Banken und wir. Die anderen Anbieter sind die IBB und die Oldenburgische Landesbank, die ein Team von der IBB gewinnen konnte und Macquarie in UK. Alle Anbieter machen das Geschäft sehr gut und der Markt hat ein Volumen von 15 Mrd. Euro, das ist für uns alle auch gross genug.
BOND MAGAZINE: Die Anleihe hat eine Laufzeit von nur drei Jahren. Wie wollen Sie die Anleihe am Laufzeitende refinanzieren?
Schnippe: Ich zahle zurück. Die Firma gehört mir zu 50%, glauben Sie, ich möchte ein unkalkulierbares Risiko eingehen? Ich kaufe mit dem Kapital aus der Anleihe Forderungen, die eine durchschnittliche Laufzeit von 12 bis 15 Monaten haben. Wenn ich die Forderungen auf der Bilanz habe, dann könnte ich einfach die Rückflüsse aus den Transferzahlungen für die Rückzahlung der Anleihe nutzen. Das Risiko einer Nichtrückzahlung ist für andere Anleiheemittenten also viel höher. Natürlich möchten wir am Kapitalmarkt aktiv bleiben und ggf. eine Folgeanleihe platzieren. Aber wir müssen es nicht.
BOND MAGAZINE: Wäre ein Börsengang für Sie ein Thema?
Schnippe: Ein Börsengang würde uns nicht wesentlich weiterbringen. Wir haben 2 Mio. Euro Eigenkapital bei 35 Mio. Euro Bilanzsumme. Manchen Investoren ist das zu wenig. Anderen Investoren wären auch 5 Mio. oder 10 Mio. Euro zu wenig. Viele SmallCaps haben keine wirkliche Liquidität in der Aktie. Eigenkapital ist immer ein Thema. Aber wir haben verlässliche und sichere Cashflows.
BOND MAGAZINE: Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Christian Schiffmacher, www.fixed-income.org
Eckdaten der Score Capital-Anleihe 2024/27
Emittent | Score Capital AG |
Zeichnungsfrist | 19.11.-10.12.2024 (12.00 Uhr) über Börse und Website |
Kupon | 8,00% p.a. |
Laufzeit | 3 Jahre |
ISIN / WKN | DE000A383V65 / A383V6 |
Stückelung / Mindestanlage | 1.000 Euro |
Volumen | bis zu 20 Mio. Euro |
Internet / Wertpapierprospekt | www.score-capital.com/anleihe_2024-2027/ |
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