Expertenkolumne |
31.01.2025 09:15:00
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Die "5 D's" von Donald Trump und ihre möglichen Effekte auf Wirtschaft, Defizit und Geldpolitik der USA
Präsident Donald Trump hat seine zweite Amtszeit mit der Unterzeichnung zahlreicher Dekrete schwungvoll begonnen.
Basisszenario für US-Wirtschaft und Fed-Politik
In unserem Basisszenario für die USA gehen wir davon aus, dass die Steuersenkungen verlängert, die Zölle angehoben und die Staatsausgaben nur moderat gekürzt werden In diesem Fall dürfte der Wachstumsimpuls für die US-Wirtschaft neutral bis leicht negativ ausfallen, während die Inflation leicht anzieht und die Federal Reserve ihren Kurs der schrittweisen Normalisierung fortsetzen kann.
Die spannende Frage ist, wie die US-Notenbank auf ein solches Szenario - wenig Wachstumsimpulse bei anziehender Inflation - reagieren wird. Immerhin hat die Fed ein doppeltes Mandat zu erfüllen, das neben der Preisstabilität auch die Förderung von Vollbeschäftigung (Wachstum) vorsieht. Das beschriebene Szenario könnte die Verantwortlichen unter Druck setzen. Unseres Erachtens dürfte die Fed die Zinsen in diesem Jahr stärker (und nicht weniger) senken, als die Märkte derzeit erwarten bzw. eingepreist haben. Dafür gibt es mehrere Gründe.
Als erster Punkt ist eine 2018 veröffentlichte Analyse der Fed zu nennen, in der die Auswirkungen von Zöllen unter Trump 1.0 untersucht wurden. Demnach wird eine einmalige Anpassung des Preisniveaus aufgrund von Zöllen von der Fed wahrscheinlich ignoriert, solange sich die Inflationserwartungen nicht nach oben bewegen. Zweitens birgt eine aggressive Zollpolitik - etwa in Form von hohen Pauschalzöllen auf Importe aus Mexiko und Kanada - das Risiko kurzfristiger negativer Auswirkungen auf das US-Wachstum. In diese Richtung argumentierte jüngst das ehemalige Fed-Board-Mitglied Randal Quarles. Er wies darauf hin, dass höhere Zölle die Fed dazu veranlassen könnten, die Zinsen stärker zu senken, als sie es sonst tun würde, obwohl Zölle tendenziell die Preise erhöhen. Drittens glauben wir, dass die Fed, bevor sie auf höhere Preise infolge von Zöllen reagiert, zu dem Schluss kommen muss, dass dies die Inflationserwartungen und die Inflation deutlich und dauerhaft nach oben verschieben wird. Mit anderen Worten: Die Messlatte für Zinserhöhungen der Fed bleibt hoch.
D wie Deglobalisierung
Ähnlich wie unter Trump 1.0 dürfte auch Trump 2.0 eine "America First"-Politik verfolgen, insbesondere in der Handelspolitik. Dazu gehören voraussichtlich Zölle, Exportkontrollen und eine stärkere Prüfung - bis hin zu möglichen Beschränkungen - von Kapitalinvestitionen, die Trump weitgehend ohne Zustimmung des Kongresses umsetzen kann.
Gleich am ersten Tag im Amt beauftragte Trump seine Kabinettssekretäre, das Defizit im Warenhandel zu untersuchen und "angemessene Massnahmen" zu empfehlen. Auch wenn dies bei Weitem nicht die drastischen Massnahmen waren, die viele befürchtet hatten, sollten Investoren dem nicht zu viel Bedeutung beimessen: Der alte und neue Präsident ist überzeugt, dass Zölle an sich und als Verhandlungstaktik funktionieren. Zudem ist mit weiteren Ankündigungen von Trump zur Handelspolitik zu rechnen. Insbesondere in Bezug auf Mexiko und Kanada - für viele Investoren von unmittelbarem Interesse - dürften sektorspezifische Zölle wahrscheinlicher sein als umfassende Massnahmen, auch wenn die endgültige Entscheidung bei Trump liegt.
Welche makroökonomischen Auswirkungen sind zu erwarten?
Viele Investoren konzentrieren sich auf das Risiko höherer Preise durch Zölle - sowohl für importierte Endprodukte als auch für Vorleistungsgüter, die US-Produzenten nutzen. Allerdings halten wir auch es für möglich, dass Zollerhöhungen zumindest kurzfristig auch das Wirtschaftswachstum der USA dämpfen könnten. In unserem Basisszenario rechnen wir 2025 mit einer leicht höheren Kerninflation in den USA, voraussichtlich um 20 bis 40 Basispunkte. Die negativen Wachstumseffekte dürften in ähnlicher Grössenordnung ausfallen. In welchem Ausmass dies der Fall sein wird, hängt von mehreren Faktoren ab. Je breiter die Zölle angelegt sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit umfassender wirtschaftlicher Vergeltungsmassnahmen anderer Länder. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Umfang möglicher Ausnahmen. Unter Trump 1.0 wurden zahlreiche Produkte von den China-Zöllen ausgenommen, zudem erfolgte die Einführung schrittweise, was die wirtschaftlichen Auswirkungen abmilderte. Auch der Zeitpunkt der Einführung von Zöllen ist von entscheidender Bedeutung - insbesondere, ob die Zölle im Voraus erhoben werden oder erst im Laufe der Zeit in Verbindung mit den Auswirkungen eines Steuergesetzes und einer Deregulierung eingeführt werden. Darüber hinaus sind die Reaktionen anderer Länder von zentraler Bedeutung. Gegenmassnahmen wie Vergeltungszölle oder Anpassungen der Währungspolitik könnten eine wesentliche Rolle spielen. So wurden mögliche negative Effekte der Trump-1.0-Zölle teilweise durch einen stärkeren US-Dollar und einen schwächeren Yuan ausgeglichen. Das US-Haushaltsdefizit würde hingegen von Zöllen profitieren. Denn die Zolleinnahmen, die sich derzeit auf rund 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr belaufen, dürften je nach Umfang der Zollmassnahmen deutlich steigen.
D wie Defizitfinanzierte Steuersenkungen
Ein zentrales Thema im Kongress wird in diesem Jahr die Verlängerung des auslaufenden Tax Cuts and Jobs Act von 2017 sein. Ohne Gegenmassnahmen würden Steuererleichterungen in Höhe von rund 4,2 Billionen US-Dollar über zehn Jahre - grösstenteils für Privatpersonen - Ende 2025 auslaufen. Trump hat zudem weitere Steuersenkungen ins Gespräch gebracht, darunter eine Steuerbefreiung für Trinkgelder, eine Anhebung der State and Local Tax (SALT) Cap über die derzeitigen 10.000 US-Dollar hinaus und eine Unternehmenssteuersenkung für "Made in America"-Firmen.
Der grösste Effekt dürfte sich auf das Haushaltsdefizit auswirken. Offen bleibt, wie das Steuergesetz strukturiert wird: Bleiben Steuererleichterungen auf vier bis fünf Jahre begrenzt, um die Kosten zu senken, und werden sie durch Massnahmen zur Einnahmenerhöhung über zehn Jahre ausgeglichen? Oder setzen sich jene Stimmen durch, die keine Gegenfinanzierung für notwendig halten?
Trump hat mehrfach angekündigt, die in seiner ersten Amtszeit eingeführten und Ende 2025 auslaufenden Einkommensteuersenkungen verlängern zu wollen. Eine blosse Beibehaltung der Steuersätze hätte daher keine Auswirkungen auf das Wachstum. Einige der anderen steuerpolitischen Pläne, die auf dem Tisch liegen, könnten für einen bescheidenen Rückenwind sorgen. Insgesamt gehen wir aber nicht davon aus, dass weitere Steuersenkungen die makroökonomischen Aussichten der USA wesentlich verbessern werden. Im Gegenteil: Unabhängig davon, wie die Steuersenkungen im Einzelnen aussehen werden, dürften sie das US-Defizit langfristig erhöhen.
Insgesamt bleibt die langfristige Entwicklung der US-Staatsverschuldung eine grosse Herausforderung. Kurzfristig könnte sich das Defizit jedoch durch mögliche steuerliche Massnahmen, Ausgabenkürzungen und höhere Zolleinnahmen etwas verbessern.
D wie DOGE
Das DOGE (Department of Government Efficiency) hat die Aufgabe, Ausgabenkürzungen zu empfehlen und Massnahmen zur Steigerung der Effizienz vorzuschlagen. Die Anordnung (Executive Order) zur Einrichtung von DOGE enthielt zwar keine direkten Hinweise auf Ausgabenkürzungen, doch ursprünglich sollte DOGE sowohl Effizienzsteigerungen fördern als auch Einsparpotenziale identifizieren. Allerdings hat die Regierung nur begrenzte Befugnisse, Ausgaben eigenständig zu kürzen - abgesehen von der zeitlichen Verteilung von Mitteln, der möglichen Nutzung des wenig bekannten "Impoundment"-Mechanismus (eine Zurückhaltung bereits bewilligter Haushaltsmittel) und potenziellen Einschränkungen für Bundesmittel im Gesundheitswesen. Grössere Einsparungen müssen jedoch vom Kongress beschlossen werden.
Mit oder ohne DOGE dürften einige Ausgabenkürzungen im Rahmen eines umfassenden Haushaltskompromisses erfolgen (vergleichbar mit einem Reconciliation Bill, der im US-Kongress zur Anpassung von Haushalts- und Steuerregelungen dient). Zudem ist eine teilweise Rücknahme von Massnahmen des Inflation Reduction Act zu erwarten, eines Gesetzes zur Senkung der Inflation durch Investitionen in Energie, Gesundheitswesen und Steuerpolitik. Dadurch könnten die Nettoeinnahmen um 100 bis über 200 Milliarden US-Dollar pro Jahr steigen. Eine stärkere Haushaltskonsolidierung erscheint jedoch angesichts der knappen republikanischen Mehrheit im Repräsentantenhaus unwahrscheinlich.
Wir gehen davon aus, dass zumindest ein Teil der Ausgabenkürzungen für weitere Steuersenkungen verwendet wird. Eine direkte Reduzierung des Defizits ist daher unwahrscheinlich. Vielmehr könnten die Kürzungen dazu beitragen, den Anstieg des Defizits zu verlangsamen. Interessanterweise hat sich
Trump in seiner Antrittsrede nicht zu Defiziten oder Schulden geäussert. Möglicherweise, weil Ausgabenkürzungen mit einer knappen Mehrheit im Repräsentantenhaus schwieriger durchzusetzen sein könnten, als manche Beobachter erwarten.
D wie Deportation
Unter Trump 2.0 dürfte die Einwanderungspolitik erneut im Mittelpunkt stehen. Eine der ersten Anordnungen stellte erneut den nationalen Notstand an der südlichen Grenze fest. Anfangsmassnahmen wie die Einschränkung von Asylanträgen dürften vor allem darauf abzielen, die Migration zu stoppen.
Allerdings haben bereits Bidens Massnahmen im Juni 2024 die Zahl der Grenzübertritte gegenüber dem Höchststand von 2023 deutlich gesenkt. Trump könnte versuchen, die Grenze vollständig zu schliessen, wird sich aber voraussichtlich auch auf Abschiebungen konzentrieren. Für umfassendere Massnahmen bräuchte er jedoch die finanzielle Unterstützung des Kongresses.
Die meisten Ökonomen gehen davon aus, dass eine Politik zur Begrenzung der Einwanderung und zur Rückführung illegaler Migranten das Wachstum dämpfen könnte, da Einwanderer durch ihren Konsum zur US-Wirtschaft beitragen. Da Bidens Politik die Einwanderung bereits spürbar verringert hat, sind die wachstumsdämpfenden Effekte vermutlich weitgehend in der Prognose für 2025 eingepreist. Grössere Auswirkungen wären 2026 zu erwarten, falls ein umfassendes Abschiebungsprogramm umgesetzt wird.
Die Auswirkungen auf die Inflation sind hingegen unklar. Auf der einen Seite könnte ein geringeres Arbeitskräfteangebot einen Aufwärtsdruck auf die Löhne ausüben. Allerdings könnte eine geringere Einwanderung auch die Inflation in bestimmten Bereichen wie Wohnraum dämpfen, sodass die gesamtwirtschaftlichen Inflationseffekte weniger eindeutig ausfallen dürften.
D wie Deregulierung
Wie schon in der ersten Amtszeit hat Trump 2.0 mit einer ganzen Reihe von Executive Orders begonnen, die den Abbau von Regulierung zum Ziel haben. Viele dieser Anordnungen sollen Bidens Massnahmen rückgängig machen - ähnlich wie Biden zuvor Trumps Entscheidungen aufgehoben hat. Wir erwarten, dass eine zweite Trump-Regierung auch bestehende Regulierungen lockern wird. Dies dürfte eher schrittweise als radikal erfolgen, jedoch mit einer deutlich zurückhaltenderen Durchsetzung.
Wir gehen davon aus, dass ein Schwerpunkt auf der Finanzmarktregulierung sowie auf energie- und klimapolitischen Restriktionen liegen wird. Ein Indiz dafür lieferte Trump in seiner Antrittsrede, als er den nationalen Energienotstand ausrief und verkündete: "Drill, baby, drill". Trumps Deregulierungskampagne könnte das Wachstum fördern, indem sie zur Verbesserung der Stimmung und der Beseitigung von Hemmnissen beiträgt. Umfragebasierte Wirtschaftsindikatoren deuten darauf hin, dass eine grössere politische Planbarkeit erste positive Impulse für den US-Arbeitsmarkt setzt.
Fazit für Märkte, Wirtschaft und Fed
Es gibt mehr Fragen als Antworten, wie sich die fünf D's letztlich auf die Gesamtwirtschaft auswirken werden: Vieles wird von ihrem Umfang und ihrem Timing abhängen, ebenso wie von den Reaktionen anderer Länder und Märkte. Insgesamt könnten sich einige Massnahmen positiv auf das Wachstum auswirken, während andere die Märkte verunsichern. Wir gehen von einer Politik aus, die kurzfristig einen geringen bis leicht negativen Einfluss auf das Wachstum hat und gleichzeitig die Inflation leicht nach oben treibt.
von Libby Cantrill, Head of Public Policy, und Allison Boxer, Economist, bei PIMCO
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