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Angebotsknappheit 31.03.2020 22:28:00

Ausnahmezustand im Tessin: Schliessung von Goldraffinerien führt zu Verwerfungen auf dem Goldmarkt

Ausnahmezustand im Tessin: Schliessung von Goldraffinerien führt zu Verwerfungen auf dem Goldmarkt

Die aktuelle Coronakrise hat den Schweizer Kanton Tessin besonders fest im Griff. Dreimal so hoch wie im Schweizer Durchschnitt sind die Fallzahlen der neuartigen Lungenkrankheit hier, was die dortige Regierung zur Erlassung drastischer Massnahmen veranlasste. Diese sind längst auch am Goldmarkt spürbar.

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• Tessin verhängt drastische Massnahmen
• Goldraffinerien schliessen
• Starke Goldnachfrage und verknapptes Angebot führen zu Stress auf dem Goldmarkt

Das Tessin im Griff von Corona

Das Tessin hält in puncto Corona in der Schweiz einen traurigen Rekord. Mehr als 12 Prozent der nachgewiesenen Coronafälle in der Schweiz betreffen den Kanton im Süden des Landes (Stand ist der 29. März 2020). Auf 100‘000 Einwohner kommt hier eine Infektionszahl von 519,37. Zum Vergleich: Auf Platz 2 kommt Genf mit 461,04 Fällen. Aufgrund dieser schwierigen Situation sah sich die Tessiner Regierung vor kurzem gezwungen, drastische Maßnahmen zu ergreifen, die noch über das Maß der im Bundesrat beschlossenen Einschränkungen hinausgingen. So beschloss der Kanton auf eigene Faust Baustellen und nicht absolut notwendige Betriebe bis zum 29. März zu schließen.

Dabei handelte es sich um Bestimmungen, die gar über geltendes Bundesrecht hinausgingen, die vom Bundesrat jedoch jüngst gebilligt wurden. Kantonen ist es nun erlaubt, den Betrieb ganzer Wirtschaftszweige stark einzuschränken oder gar zum Einstellen zu zwingen, wenn es der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung aufgrund der aktuellen Situation notwendig macht. Am Sonntag gab Regierungspräsident Christian Vitta darüber hinaus bekannt, der Shutdown würde bis zum 5. April weitergeführt. Ausnahmen seien jedoch in bestimmten Wirtschaftsbranchen möglich, wenn bei der Produktion Abstands- und Hygieneregeln eingehalten werden könnten.

Goldmarkt spürt Folgen von Schweizer Produktionsstopp

Der kantonweite Betriebsstopp hat schon jetzt große Auswirkungen nicht nur auf die Wirtschaft der Schweiz. Auch auf dem internationalen Goldmarkt sind die Folgen stark spürbar. Während nämlich die Goldminen vorrangig in China, Russland oder Australien stehen, findet das Gießen zu Barren und das Prägen zu großen Teilen in der Schweiz statt. Nach Informationen des Goldhändlers Degussa kommen 30-50 Prozent aller neuen Goldbarren aus dem Alpenland. Drei der größten Goldverarbeiter weltweit sind im Tessin ansässig und sorgen somit durch den Betriebsstillstand für zusätzlichen Stress auf einem ohnehin schon angespannten Goldmarkt. Schließlich werden durch die drei dort ansässigen Raffinerien Valcambi, Argor-Heraeus und PAMP jedes Jahr circa 1‘500 Tonnen Gold verarbeitet. Dabei handelt es sich laut Reuters um ein Drittel des weltweiten innerhalb eines Jahres verfügbaren Angebots.

Als nicht lebensnotwendige Betriebe kündigten dann auch diese drei Raffinerien an, zunächst bis zum 29. März geschlossen zu bleiben, es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass der Produktionsstopp nach der Ankündigung des Regierungspräsidenten fortgesetzt wurde. Aus einer Unternehmensmitteilung von Argor-Heraeus geht daneben hervor, der Goldverarbeiter bleibe bis zum 5. April geschlossen. Dabei hatte das Unternehmen schon vor der Verhängung der Maßnahmen mit dem Fortgang der Produktion zu kämpfen, da ungefähr 70 Prozent der Argor-Angestellten doch Grenzgänger aus dem nahen Italien sind.

Angebotsknappheit und hohe Nachfrage

Der erzwungene Stillstand könnte kaum zu einem ungünstigeren Zeitpunkt kommen. Im Angesicht der Coronakrise ist das gelbe Edelmetall als "sicherer Hafen" derzeit enorm nachgefragt. So äußert sich Andreas Hablützel vom Degussa Goldhandel in Zürich gegenüber Reuters folgendermaßen: "Bei uns hat sich das Volumen letzte Woche bereits verzehnfacht". Durch die unterbrochene Versorgung mit dem wertvollen Rohstoff wird nun physisches Gold jedoch sehr knapp. "Durch die zeitlich begrenzte Schließung mehrerer Goldraffinerien in der Schweiz kommt es zu einem Mangel an physischem Investmentbarren für Privatanleger weltweit", meint Heraeus Precious Metals-Chef Andre Christl gegenüber der Nachrichtenagentur.

Die Lager vieler Online-Gold-Händler sind bereits leer oder drohen es in kürzester Zeit zu werden. Und auch bei Banken neigen sich die zum Verkauf gedachten Gold-Reserven dem Ende zu. Schließlich ist die Schweiz nicht das einzige Land, das derzeit mit der Corona-Extremsituation kämpft. Auch große Goldraffinerien anderer Länder wie beispielsweise die Royal Canadian Mint in Kanada oder die Rand Refinery in Südafrika sind derzeit geschlossen. Hinzu kommt, dass aktuell auch der Transport von fertiggestellten Barren zum Erliegen kommt. So liegen viele Gold-Reserven in Zwischenlagern und warten bis auf Weiteres auf den Weitertransport.

Die vermehrte Nachfrage bei verknapptem Angebot führt beim Kauf von physischen Gold aktuell zu saftigen Aufschlägen beim Preis. Ein Trend, der sich nach Meinung des UBS-Rohstoffkenners Giovanni Staunovo auch noch fortsetzen dürfte: "Die Prämien für physisches Edelmetall werden weiter steigen", zitiert ihn das Handelsblatt. Ob der Kauf von Gold bei den aktuell gestiegenen Prämien jedoch überhaupt noch sinnvoll ist, sei dahingestellt, schließlich müsste der Goldpreis noch erheblich steigen, damit Anleger überhaupt eine Rendite einfahren. Es könne sich für Gold-Interessierte vorerst mehr lohnen abzuwarten, bis sich der Markt für Barren und Münzen wieder etwas entspannt. Denn wie Argor-Heraeus-Geschäftsführer Christoph Wild gegenüber der NZZ verlautete, sei die unterbrochene Lieferkette bei Gold nur temporär und würde sich mit der Entspannung der Krise wieder normalisieren.

Redaktion finanzen.ch

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