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Chaos am Goldmarkt 20.09.2020 19:23:00

Mythos Papiergoldinflation - Wie sehr hängen der physische Goldmarkt und der Papiergoldmarkt zusammen?

Mythos Papiergoldinflation - Wie sehr hängen der physische Goldmarkt und der Papiergoldmarkt zusammen?

Gerade in sehr unruhigen Marktphasen flüchten vielen Anleger in den vermeintlich letzten sicheren Hafen Gold. Während die hohe Nachfrage am physischen Goldmarkt jedoch immer wieder für Lieferengpässe sorgt, ist das ebenfalls sehr beliebte Papiergold scheinbar unbegrenzt verfügbar.

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• Notenbankpolitik lässt Goldpreis explodieren
• Papiergoldmenge übersteigt physische Verfügbarkeit
• Nur echtes Gold bietet echten Schutz

Die Corona-Pandemie und die mit ihr einhergehenden ultra-expansiven geldpolitischen Massnahmen der weltgrössten Notenbanken haben dem Goldpreis neuen Höchstkurse beschert. So kletterte der Preis für eine Feinunze des begehrten gelben Metalls seit Mitte März 2020, dem Höhepunkt des sogenannten Corona-Crashs, von rund 1'470 US-Dollar bzw. 1'360 Euro auf aktuell ca. 1'930 US-Dollar und 1'640 Euro. Diese enorme Preisrally entspricht somit einer Performance in Höhe von rund 31 Prozent auf Dollarbasis und 20 Prozent auf Eurobasis.

Die Notenbanken und das Gold

Extreme Preissteigerungen am Goldmarkt sind den Notenbanken, allen voran der US-Notenbank, jedoch ein Dorn im Auge. Denn an der hohen Nachfrage nach physischem Gold und Goldzertifikaten lässt sich das ausgeprägte Misstrauen der Anleger gegenüber den etablierten Fiat-Währungen ablesen. Als ultimative Währung steht Gold nämlich in direkter Konkurrenz zu allen gängigen Papiergeldwährungen.

"Zentrale Aufgabe einer Notenbank ist es beispielsweise, den Preis für Zinsen festzulegen und - wie wir heute wissen - bis auf absolut unnatürlich negatives Niveau zu drücken. Vor dem Hintergrund scheint es nicht sehr abwegig, dass auch beim Goldpreis Interventionen durchgeführt werden. […] Die US-Notenbank will neben dem Dollar keine starke Konkurrenz - zum Beispiel in Form eines stabilen beziehungsweise steigenden Goldmarkts", so die Einschätzung des Liechtensteiner Vermögensverwalter Mark Valek von Incrementum gegenüber dem Focus.

Eine ähnliche Vermutung hat auch der Chef des US-amerikanischen GATA-Komitees (Gold Anti-trust Action Committee) Chris Powell. "Gold ist ein Wettbewerber für andere Währungen. Gold ist die ultimative Währung. Die Zentralbanken wollen ihre Macht erhalten", so Powell. Die GATA-Organisation sieht es dabei als eindeutig erwiesen an, dass Regierungen und Zentralbanken einen hohen Goldpreis verhindern möchten, um das Vertrauen in die eigene Währung und Staatsanleihen nicht zu schwächen.

Der Verdacht auf Manipulation

Die nachvollziehbare Abneigung von Zentralbanken gegenüber der ultimativen Sachwährung Gold bringt schon seit längerem viele Marktbeobachter zum Grübeln. So vermuten einige, dass die Notenbanken ab einem bestimmten Niveau am Terminmarkt aktiv werden, um die Preise zu drücken. Zwar haben einige Verurteilungen von Geschäftsbanken in der Vergangenheit gezeigt, dass am Goldmarkt durchaus manipuliert werden kann, jedoch gibt es noch keinen Beweis für eine systematische Intervention der Währungshüter.

Klar ist dennoch, dass sich gerade der Goldmarkt wesentlich einfacher beeinflussen lässt als etwa der Markt für Anleihen oder Aktien, da gerade in diesen Märkten eine viel höhere Liquidität vorhanden ist.

Physisches Gold vs. Papiergold

In diesem Zusammenhang ist auch immer wieder die Rede von einer Abkoppelung der physischen Goldpreise von den sogenannten Papiergoldpreisen. Im Gegensatz zu echten Barren und Münzen handelt es sich bei Papiergold um ein Zertifikat, welches dem Käufer einen Anspruch auf eine bestimmte Menge Gold verbrieft. Ob der Emittent dieses Zertifikats das jeweils versprochene Gold dann auch tatsächlich liefern kann, ist jedoch oft fraglich.

So zeigte sich gerade inmitten des Corona-Crashs, dass die Kurse für physisches Gold von den Preisen für Papiergold extrem auseinander gedriftet sind. Darüber hinaus war die Versorgung mit Papiergold zu keinem Zeitpunkt gefährdet, während der Kauf von physischem Gold eine echte Herausforderung war. Denn den klassischen Edelmetallhändler sind die Produkte ausgegangen und viele Minen und Raffinerien mussten aufgrund der Pandemie vorübergehend schliessen.

Wenn man sich nun jedoch vor Augen hält, dass das Verhältnis zwischen einer physischen Feinunze Gold und eine Unze Papiergold schon im Jahr 2016 Expertenschätzungen zufolge 1 zu 233 betragen hat, dürfte der extreme Preisaufschlag für echte Münzen und Barren kaum verwundern. Darüber hinaus kann man getrost davon ausgehen, dass sich dieses Verhältnis bis heute noch weiter ausgeweitet hat.

Die Rolle der Terminbörse

Gerade beim Thema Goldpreismanipulation und Papiergoldinflation spielen die Rohstoffbörsen bzw. Terminbörsen eine der zentralsten Rollen. Eine der wichtigsten Börsen in diesem Segment ist dabei die New York Commodities Exchange (COMEX), an welcher tagtäglich rund 27 Millionen Unzen Gold gehandelt werden. Allein dieses tägliche Handelsvolumen übertrifft den Gegenwert des weltweit grössten Gold-ETF, welcher mit physischem Metall gedeckt ist, um das dreissigfache.

Laut dem World Gold Council (WGC) betrug die gesamte weltweite Minenproduktion des gelben Metalls im Jahr 2019 jedoch nur rund 111 Millionen Unzen. Somit wird allein an der COMEX Tag für Tag rund ein Viertel einer gesamten Jahresförderung des Metalls gehandelt. De facto werden jedoch nur ein bis zwei Prozent des gekauften Goldes tatsächlich ausgeliefert. Eigentlich sind die Terminmarktprodukte jedoch dafür konzipiert, dass sich Käufer und Verkäufer zu einem bestimmten Preis und Zeitpunkt in der Zukunft auf ein reales Geschäft einigen. Dass jedoch nur ein bis zwei Prozent der erworbenen Kontrakte tatsächlich eingelöst werden, beweist die spekulative Motivation der zahlreichen Rohstoffhändler.

Sorge vor dem Gold-Run

Damit das gehandelte Gold der COMEX tatsächlich ausgeliefert werden kann, unterhält die Börse verschiedene Goldlager. Dabei liegt der Lagerbestand der Rohstoffbörse jedoch nicht bei 27 Millionen Tonnen, sondern vermutlich eher bei nur sechsstelligen Tonnen. Die Goldlagerbestände der Börse beträgt nämlich schätzungsweise nur rund ein Hundertstel der fiktiv gehandelten Unzen. Einige Experten gehen sogar davon aus, dass die Bestände der COMEX noch bescheidener ausfallen.

Sollte es also zu einem sogenannten Gold-Run kommen und sämtlich Investoren, die Papiergold bzw. Gold-Kontrakte gekauft haben, verlangen plötzlich alle gleichzeitig ihr Gold, ist die Katastrophe vorprogrammiert. Dabei zeigen die Daten der COMEX, dass die Goldlieferungen im vergangenen Juni schon stark angezogen haben und einen neuen Rekord erreichten. So wurden allein im Juni 55.101 Lieferanträge bei der COMEX eingereicht und somit viermal so viel wie im Vormonat.

Um einem möglichen Gold-Run vorzubeugen erhöht die COMEX gegenwärtig ihre Lagebestände im hohen Masse. Die Rohstoffbörse möchte so für genügend Vertrauen bei den Händlern und Investoren sorgen. Angesichts der hohen Handelsvolumina kann jedoch bezweifelt werden, ob es der Börse überhaupt gelingen kann, nur annähernd einen Teil des gehandelten Edelmetalls physisch zu hinterlegen.

Papiergold ist kein sicherer Hafen

Beim Thema Gold scheiden sich die Geister, während viele Privatanleger auf das gelbe Edelmetall schwören, stellt sich für andere die Frage des tatsächlichen Nutzens. Doch gerade in der jetzigen Zeit kann das gelbe Edelmetall immer mehr Menschen begeistern, denn während die Geldmenge der gängigen Fiat-Währungen immer weiter ausdehnt wird, wächst die verfügbare Menge Gold nur geringer und kalkulierbarer. Darüber hinaus zeigt die Geldgeschichte, dass der inflationsbereinigte Wert des Goldes über die Jahrhunderte sehr konstant geblieben ist, was Gold somit zu einem sehr sicheren Hafen werden lässt.

Investoren, die sich nun gegen eine mögliche Inflation oder gar Stagflation absichern möchten, sollten jedoch in jeden Fall auf physische Barren und Münzen setzten, da Papiergold keinen hundertprozentigen Schutz bietet. Denn sollte es tatsächlich eines Tages zu einem Gold-Run kommen, sind Auslieferungsschwierigkeiten und sogar Totalausfälle so gut wie unvermeidbar.

Pierre Bonnet / Redaktion finanzen.ch

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