Kritik an Aufsichtsratschef |
28.04.2023 16:49:00
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Bayer-Aktie gibt nach: Unter Bayer-Aktionären formiert sich Widerstand gegen Wiederwahl von Norbert Winkeljohann - Vorstandsvergütung soll geändert werden
Deutsche Fondsgesellschaften wollen den Bayer-Aufsichtsratschef Norbert Winkeljohann auf der Hauptversammlung nicht erneut in das Aufsichtsgremium wählen.
"Herr Winkeljohann, der Aufsichtsratsvorsitz bei Bayer ist sehr zeitintensiv", sagte Ingo Speich von Deka Investment, laut Redetext auf dem virtuellen Aktionärstreffen. "Zusätzlich wurde Ihre Rolle als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Bank zuletzt noch einmal deutlich aufgewertet. Dazu kommen noch drei weitere Mandate - teilweise als Vorsitzender. Das ist eindeutig zu viel."
Hendrik Schmidt von der DWS hob hervor, dass Winkeljohann "überzeugende Nachfolgeregelungen auf Vorstandsebene gelungen" seien. "Allerdings stellen wir uns wie andere Aktionäre die Frage, wie Sie diese zahlreichen Mandate vereinbaren und sicherstellen wollen, dass Sie auch künftig über ausreichende zeitliche Verfügbarkeiten verfügen." Deshalb könne DWS der Wiederwahl Winkeljohanns nicht zustimmen.
Bayer will Vorstandsvergütung ändern
Nach Kritik von Aktionären will der Agrarchemie- und Pharma-Konzern Bayer die Bezahlung seines Vorstands auf neue Beine stellen. Man wolle das Vergütungssystem überarbeiten und auf der Hauptversammlung 2024 zur Abstimmung stellen, sagte der Aufsichtsratschef Norbert Winkeljohann am Freitag auf der Jahreshauptversammlung des Leverkusener Konzerns.
Aus Sicht von Anteilseignern ist die Bezahlung zu hoch, unter anderem weil bei ihrer Berechnung die Milliardenkosten und Rechtsrisiken durch die Monsanto-Übernahme nicht angemessen berücksichtigt worden seien. Der zuletzt etwas erholte Aktienkurs ist viel niedriger als vor der Übernahme des US-Saatgutkonzerns, die 2018 abgeschlossen wurde.
Der scheidende Vorstandsvorsitzende Werner Baumann bekam im vergangenen Jahr laut Bayer-Vergütungsbericht 5,44 Millionen Euro, das waren 4,6 Prozent weniger als 2021. Im Vergleich zu früher verdiente er aber deutlich mehr, im Zeitraum 2018 bis 2020 waren es unter vier Millionen Euro pro Jahr gewesen.
"Wir werden weitere Gespräche mit unseren Investoren führen, um Feedback für das zukünftige Vergütungssystem einzuholen", sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Winkeljohann. Aktionärsvertreter äusserten sich dennoch kritisch. Janne Werning von Union Investment wies darauf hin, dass "die Ursache der letztjährigen Kritik nicht behoben" worden sei. Ingo Speich von Deka Investment sagte: "Wir sehen zwar, dass die Vergütung von Herrn Baumann gekürzt wurde, erkennen allerdings keine ausreichenden Verbesserungen."
Nach sieben Jahren an der Spitze scheidet der 60-jährige Baumann in rund vier Wochen aus dem Vorstand aus, der 56 Jahre alte Bill Anderson übernimmt. Der US-Amerikaner war zuletzt beim Pharmakonzern Roche . Bayer hat ein gutes Geschäftsjahr hinter sich, Umsatz und Gewinn zogen kräftig an. In diesem Jahr soll das Wachstum des Pharma- und Agrarchemie-Konzerns weitergehen.
Bayer-Aktionäre wollen von neuem Konzernchef bald Zukunftspläne sehen
Bayer -Aktionäre fordern vom designierten Konzernchef Bill Anderson Tempo hinsichtlich einer möglichen Strategieanpassung. Der Kapitalmarkt erwarte spätestens Anfang 2024 ein strategisches Update, sagte Janne Werning, der bei der Fondsgesellschaft Union Investment das Nachhaltigkeitsmanagement verantwortet, auf der Online-Hauptversammlung am Freitag.
Viele Anleger wollen eine Art Neuanfang und gingen mit Werner Baumann, der die teuren Glyphosat-Rechtsstreitigkeiten 2018 mit der über 60 Milliarden US-Dollar schweren Übernahme des US-Agrarchemiekonzerns Monsanto ins Haus geholt hatte, abermals hart ins Gericht. Redner aus den Reihen der Anteilseigner warfen Baumann erneut Wertvernichtung vor.
Anderson wird die Konzernführung am 1. Juniübernehmen. Branchenexpertin Emily Field von der britischen Bank Barclays sieht darin eine Wahl, welche auch den Investoren entgegenkommt, die einen personellen Strich unter die Monsanto-Ära machen wollten. Investoren hoffen zudem auf zusätzlichen Schwung im Tagesgeschäft durch den studierten Chemieingenieur Anderson, der zuletzt die Pharmasparte von Roche geführt hatte.
Schnellschüsse dürfte es unter Anderson aber nicht geben. Er will sich Zeit nehmen, den Pharma- und Chemiekonzern zu verstehen, sagte er Anfang April in einer Gesprächsrunde mit Journalisten in Leverkusen. Wann genau er Pläne für die Bayer-Zukunft vorstellen will, liess Anderson erst einmal offen. Vieles hänge davon ab, ob es einen strategischen, also gross angelegten Wandel brauche.
Baumann, der seit 35 Jahren bei Bayer arbeitet, sieben davon an der Konzernspitze, gab Anderson derweil schon einmal Vorschusslorbeeren mit auf den Weg. "Aus meinen Gesprächen mit ihm weiss ich, mit welcher Begeisterung er an die Sache herangeht und mit welcher Akribie er sich in alle Bereiche einarbeitet", sagte Baumann.
Die Bayer-Aktie verliert am Freitag via XETRA zeitweise 0,28 Prozent auf 59,55 Euro.
FRANKFURT / LEVERKUSEN (Dow Jones) / (awp international)
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