Umstrittene Entscheidung |
15.09.2023 23:00:00
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So begründet Indiens Top-Ölkonzern den Import von russischem Öl
Eine zunehmende Anzahl an Ökonomen rechnet damit, dass Indien künftig die schwächelnde chinesische Wirtschaft als globale Konjunkturlokomotive ablösen könnte. Für das rapide Wachstum benötigt Indien Unmengen an Energie. Die soll nun aus Russland kommen. Doch der indische Öl-Gigant ONGC sieht in der Einfuhr russischen Öls kein Problem - im Gegenteil.
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Jetzt informieren• ONGC-Geschäftsführer sieht positive Auswirkungen für die Weltwirtschaft
• Indien plant aber auch Steigerung der Ölförderung im eigenen Land
Seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine am 24. Februar 2023 ist russisches Öl in westlichen Staaten in Verruf geraten. Viele Staaten entschlossen sich zum Boykott der Öllieferungen aus Russland und orientierten sich hinsichtlich ihrer Energieimporte um. Indien hingegen fährt eine gegenteilige Strategie.
Indien kauft fleißig russisches Öl - EU nicht begeistert
Während europäische Staaten den Kauf russischen Öls meiden, erfreuen sich Indiens Raffinerien seit Februar 2022 an den Discountpreisen des Öls aus Russland und kaufen jenes massiv zu. Die Folge: Moskau ist inzwischen Indiens größte Rohölquelle, nach "CNBC"-Informationen stammen mittlerweile 40 Prozent der indischen Rohölimporte aus Russland. Indien selbst ist der drittgrößte Energieimporteur der Welt und bezieht über 80 Prozent seines Rohöls aus weltweiten Quellen, hauptsächlich stammt es dabei aus dem Nahen Osten und Russland. Laut "Tagesschau"-Informationen erreichen jeden Tag 2,2 Millionen Ölfässer aus Russland die indischen Häfen. 2022 importierte Indien russisches Öl im Wert von 40 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Vor dem Ukraine-Krieg belief sich diese Kennziffer auf circa zwölf bis 14 Milliarden US-Dollar.
Angesichts der höheren Nachfrage aus Indien sowie weiteren asiatischen Ländern ist es denn auch kaum ein Wunder, dass die russischen Öl-Einnahmen trotz der Sanktionen vonseiten der Europäischen Union (EU) und der G7 weiterhin sprudeln. Aus diesem Grund ist der Westen sehr besorgt über Indiens Erwerb von preiswertem russischen Rohöl. Im Mai forderte der Spitzendiplomat der Europäischen Union, Josep Borrell, die EU auf, strenge Maßnahmen gegen Indiens Praxis des Weiterverkaufs von verarbeitetem russischen Öl in Europa zu ergreifen.
ONGC-Chef: "Win-Win-Situation" für Weltwirtschaft
Eine führende Rolle im Energiehandel zwischen Indien und Russland spielt die Oil and Natural Gas Corporation (ONGC), das größte indische Öl-Unternehmen. ONGC zeichnet sich für den Löwenanteil der russischen Öl-Importe nach Indien verantwortlich und betont die positiven Aspekte dieses nicht unumstrittenen Handels. "Es hat eine sehr große Auswirkung auf unsere Wirtschaft, indem es das Wachstum der [indischen] Wirtschaft unterstützt [...] der Preis, den wir aus Russland erhalten, ist sehr günstig", zitiert "CNBC" K.C. Ramesh, geschäftsführender Direkt von ONGC. Ebenso konnte Indien dadurch seine Abhängigkeit vom Mittleren Osten verringern.
Die positiven Effekte beschränkten sich aber nicht nur auf das energiehungrige Indien, sondern beträfen die Weltwirtschaft im Allgemeinen. "Durch die Importe aus Russland hat Indien der Weltwirtschaft insofern geholfen, als wir Öl am Golf für andere Länder, insbesondere für Europa, frei gemacht haben. Es war also eine Art Win-Win-Situation", meint K.C. Ramesh im Rahmen seiner Rede auf der jährlichen APPEC-Energiekonferenz, die von Standard & Poor's Global Insights in Singapur veranstaltet wurde. Konkret bezieht sich Ranesh damit darauf, dass Indiens Import von russischem Öl dafür sorgt, dass das globale Angebot an Öl ausreicht: Wenn auch Indien auf Russlands Öl verzichten würde, so Raneshs Argumenation, würde die hohe Nachfrage nicht durch nicht-russische Ölquellen befriedigt werden können. Die Folge wäre ein erheblicher Preisanstieg, was wiederum der Weltwirtschaft, deren Wachstum von günstigen Energiequellen abhängig ist, zusetzen würde.
Indien will auch im eigenen Land Ölförderung steigern
Indien will die Abhängigkeit von russischem Öl aber nicht zu extrem werden lassen, zumal auch die Rohölimporte aus Russland zuletzt teurer wurden. So plant Indien, das sich besonders im Vergleich zum chinesischen Nachbar in Zeiten der globalen Konjunkturflaute wacker schlägt und weiterhin ein beträchtliches Wirtschaftswachstum verzeichnet, in die Ölförderung im eigenen Land zu investieren. Auch bei diesen Bemühungen ist ONGC ein Hauptakteur. "Wir planen einige Investitionen in die Erkundung und Exploration", kündigt Ramesh an und nennt ein Investitionsvolumen in Höhe von rund 44 Milliarden US-Dollar für die nächsten drei Jahre. Das Upstream-Segment der Öl- und Gasindustrie bezieht sich auf die Erkundung von Öl- oder Gasvorkommen und deren anschließende Förderung. "Wir brauchen Treibstoff. Und das ist es, was wir vorhaben. Die Investitionen werden also auf jeden Fall getätigt werden", betont Ramesh.
Der Erfolg der Öl-Exploration ist jedoch keineswegs ausgemacht. Indien gilt nicht als sonderlich rohstoffreich, besonders fossile Energiestoffe sind bislang nicht in großer Menge gefunden worden. Deshalb gibt es eine hohe Anzahl an Experten, die hohen Investitionen in die indische Öl-Förderung skeptisch gegenüberstehen. Zu dieser Gruppe gehört Fereidun Fesharaki, Vorsitzender der Energieberatungsfirma Facts Global Energy. "Gott hat Indien viele Dinge gegeben [...] aber keine Ressourcen", zitiert "CNBC" Fesharakis Aussagen anlässlich einer Podiumsdiskussion. Indien habe nur äußerst "begrenzte Mengen an Öl und begrenzte Mengen an Gas", weshalb sich milliardenschwere Öl-Erkundungsprojekte Fesharaki zufolge als Fehlinvestition herausstellen könnten.
Redaktion finanzen.ch
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