Zunehmende Inflationssorgen |
16.06.2022 09:11:00
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ZKB-Anlagestratege: Darum dürfte auch die Schweizerische Nationalbank im September die Zinsen anheben
Während die US-Notenbank Fed die Zinsen 2022 bereits mehrfach erhöht hat und auch die EZB kürzlich eine Zinsanhebung ankündigte, hält sich die Schweizerische Nationalbank (SNB) noch bedeckt. Doch auch in der Schweiz dürften im September die Zinsen angehoben werden, meint Anlagestratege Hafner.
• Hafner rechnet mit einer Leitzinsanhebung in der Schweiz ab September
• Euro dürfte gegenüber dem Franken aufwerten
Im internationalen Vergleich steht die Schweiz mit einer Inflationsrate von "nur" 2,9 Prozent noch recht gut da - in den USA und in der Eurozone liegt die Teuerung auf Jahressicht bereits bei über 8 Prozent. Dennoch könnte auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) schon bald die Zinsen erhöhen, meint der Anlagestratege Elias Hafner von der Zürcher Kantonalbank (ZKB) im Interview mit "cash". Wie kommt er zu dieser Schlussfolgerung?
Hafner erwartet Straffung der EZB-Geldpolitik
Im Rahmen ihrer letzten Sitzung am 9. Juni hat die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, eine Erhöhung der Zinsen in der Eurozone um 25 Basispunkte (0,25 Prozent) im Juli angekündigt. Zudem hob sie die Inflationserwartung für das laufende Jahr stark an - von 5,1 auf 6,8 Prozent. Hafner versteht die EZB-Aussagen zur zukünftigen Inflationsentwicklung als "Kommunikationsinstrument". Der Anlagestratege ist der Meinung, dass die höheren Erwartungen "eine stärkere geldpolitische Straffung" nahelegen. Seine Prognose: "Angesichts der erneuten Inflationsüberraschung im Mai und dass jetzt bei der EZB auch offiziell eine Zinserhöhung in der Höhe von 50 Basispunkte auf dem Tisch liegt, halten wir einen solchen 'grossen Zinsschritt' im September für wahrscheinlich. Daher ist es gut möglich, dass die EZB den Einlagesatz bis Ende 2022 bereits auf 0,75 Prozent anheben wird".
Hafner: SNB hat "grösseren Handlungsspielraum" für Zinsanhebungen
Die ZKB rechne fest damit, dass die SNB bei ihrem nächsten Zinsentscheid im September ebenfalls eine Leitzinsanhebung verkünden werde, betont Hafner. Dass die EZB im September aus den Negativzinsen ausgestiegen sein wird, ermögliche einen "grösseren Handlungsspielraum" für die SNB, ebenfalls an der Zinsschraube zu drehen. Auch über die September-Sitzung hinaus dürfte die SNB die Zinsen weiter ansteigen lassen. Weil die EZB aber deutlich aggressiver vorgehen dürfte, werde sich "die Zinsdifferenz zwischen der Eurozone und der Schweiz [...] ausweiten", prognostiziert Hafner.
Das sind die entscheidenden Einflussfaktoren für die SNB-Zinspolitik
Hafner identifiziert zwei Faktoren, die die SNB bei ihren Zinsentscheidungen am meisten berücksichtigen dürfte: einerseits den Aussenwert des Schweizer Franken und andererseits das heimische Inflationsniveau. Hinsichtlich des Franken habe sich die Überbewertung in den vergangenen Wochen abgebaut: "Aufgrund der deutlich stärker angestiegenen Konsumenten- und Produzentenpreise in der Eurozone hat sich der reale Aussenwert des Frankens, welcher für die Bewertung massgebend ist, über die letzten Monate weiter reduziert." Sofern man zudem noch den "gemäss Kaufkraftparität deutlich überbewerteten US-Dollar" heranzöge, könne man insgesamt nicht mehr von einer "hohen Bewertung oder gar Überbewertung des Franken" sprechen, so der ZKB-Analyst. Da durch die Zinsanhebungen eine Währung für Investoren attraktiver wird und somit üblicherweise an Wert zugewinnt, verschaffe der Abbau der vorherigen Franken-Überbewertung der SNB einen grösseren Spielraum.
Bezüglich der Inflationserwartungen rechnet Hafner schon bald mit einer Anpassung nach oben. "Wichtig ist, ob die SNB nach wie vor überzeugt ist, dass die Inflation über den Prognosehorizont in ihrem Zielband von 0 Prozent bis 2 Prozent verankert bleibt". Sollte dies nicht der Fall sein, werde die SNB dem Ziel der Preisstabilität oberste Priorität einräumen - und die Zinsen schneller als derzeit erwartet erhöhen. Insgesamt fällt Hafner übrigens ein versöhnliches Urteil über die Arbeit von SNB-Präsident Thomas Jordan. Angesichts der vergleichsweise niedrigen Inflation in der Schweiz und den grösseren Möglichkeiten der SNB befände sich Jordan "weniger stark in der Defensive als gewisse Amtskollegen."
So könnte es für den Franken weitergehen
Hafner geht davon aus, dass der Euro von dem EZB-Ausstieg aus dem Negativzinsumfeld, das seit 2014 enorme Kapitalabflüsse aus Europa verursachte, profitieren dürfte. Sollte sich die Wirtschaft in den 19 Euroländern in den kommenden Monaten positiv entwickeln und sich die SNB nicht zu allzu drastischen Zinserhöhungen gezwungen sehen, sollte sich der Euro gegenüber dem Franken gut behaupten können. Die ZKB rechne damit, dass das Währungspaar Euro/Schweizer Franken Ende August bei 1,04 und in zwölf Monaten bei 1,06 notieren wird. Dies würde einer relativen Aufwertung des Euro, der derzeit bei 1,0398 Franken steht (Stand: 15. Juni 2022), entsprechen. Den Dollar-Franken-Kurs sieht die Bank bei 0,96 - also vom derzeitigen Niveau bei 0,9936 ausgehend etwas tiefer (Stand: 15. Juni 2022).
Redaktion finanzen.ch
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