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Experten-Kolumne 21.12.2015 10:51:43

Der Zwang zur Rente

Kolumne

Die Katze ist aus dem Sack: Der Kapitalbezug aus der 2. Säule soll eingeschränkt werden. Jedoch für einen guten Zweck - es soll Altersarmut vermieden werden. Dies, da es einfa-cher ist sein Alterskapital zu verjubeln als die Rente.

Die Wirksamkeit dieser Massnahme wird kaum diskutiert und es scheint auch nur wenige zu stören, dass wieder einmal die persönliche Freiheit eingeschränkt wird. So scheint eine begleitende staatliche ja "orwellsche" Lebensüberwachung immer mehr Realität zu werden, die letztendlich dafür sorgen könnte, dass Berufe ergriffen werden, die am Markt gefragt sind, keiner mehr raucht oder Alkohol trinkt und alle die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen. Hierdurch könnten wahrscheinlich Milliarden öffentlicher Mittel gespart werden.  

Dem steht der ausgeprägte Trend zur Individualität gegenüber, der in den letzten Jahren auch in der 2. Säule durch vermehrte Flexibilität dokumentiert wird.  Die Wahl zwischen Kapital und Rente ist ein wichtiger Bestandteil dieser modernen Vorsorge. Es ist mehr als ein Detail, dass dieses Kapital von jedem Arbeitnehmer selbst angespart wird und er nun in seinen Bezugsrechten eingeschränkt werden soll. Ein weiterer logischer Schritt daraus wäre, dass Personen ab einem gewissen Alter nur noch eine gewisse monatliche Höchst-grenze ihres freien Vermögens konsumieren dürfen.  

Lebensüberwachung gegen Flexibilität

Laut Machiavelli heiligt der Zweck die Mittel und leider ist es nicht unvorstellbar, dass derlei entmündigende Alchemie mehrheitsfähig wird. So ist es das erste Ziel dieser Artikels, dass jeder Leser sich selbst seine Meinung darüber bildet, ob man auch im Alter Fehler machen darf, selbst wenn dies zu einer Unterstützung durch den Staat führen kann.  

Der zweite Teil dieses Artikels ist der ökonomischen Beurteilung einer derartigen Massnahme gewidmet. So ist zuerst daran zu erinnern, dass die Neurenten stark sinken und die zu erwartenden weiter fallenden Umwandlungssätze diesen Prozess verstärken werden. So ist heute zu beobachten, dass in Kassen mit niedrigen Umwandlungssätzen ver-stärkt Kapital bezogen wird. Es ist daraus zu schliessen, dass in diesen Fällen der Kapital-bezug attraktiver ist.  

Welcher Umwandlungssatz darf angewendet werden?

So gibt es minimale Umwandlungssätze für das Obligatorium, die jedoch quasi ausser Kraft gesetzt werden, indem mit Hilfe einer Schattenrechnung deutlich tiefere Renten auf das Überobligatorium gezahlt werden. So wird eine Kasse mit umhüllendem Umwandlungssatz von 5.0% für CHF 200‘000 Altersguthaben eine Rente von CHF 10‘000 zahlen. Sofern es sich um CHF 100‘000 im Obligatorium handelt, wird hier der gesetzliche Satz von 6,8% angewandt. Hieraus resultiert eine Rente von CHF 6‘800. De facto wird auf das Überobligatorium ein Satz von 3.2% gezahlt und eine Rente von CHF 3‘200. In diesen Fällen ist es nicht möglich, nur die Rente von CHF 6‘800 für das Obligatorium zu beziehen. Eine derartige Umverteilung ist gängige Praxis.  

Sofern nun, wie angeregt, der Zwang zur Rente auf das Obligatorium Realität wird, stellt sich die Frage welcher Umwandlungssatz angewandt werden darf. Hier ist auf den minimalen gesetzlichen Umwandlungssatz zu verweisen, da sich die Rente nur auf das Obligatorium bezieht. Es steht zu befürchten, dass Pensionskassen geringere Sätze anwenden werden.  

Vielzahl neuer Probleme

Probleme sind also vorprogrammiert, da sich aus einer derartigen Regelung höhere Rentenleistungen für viele Pensionskassen ergeben könnten. Die Alternative auch für Renten nur aus dem Obligatorium Umwandlungssätze unterhalb des Minimalsatzes zuzulassen, würde zu einer signifikanten Verschlechterung der Situation der zukünftigen Rentner führen und dient insbesondere nicht der Verringerung der Altersarmut.  

Ob durch eine derartige Massnahme wirklich die Ergänzungsleistungen reduziert werden ist nicht belegt und sollte vorab detailliert analysiert werden. Unabhängig von dem Ausgang einer derartigen Studie bleibt zu hoffen, dass diese Regulierung nie zur Anwendung kommt, da sie dem Trend zur flexiblen Vorsorge widerspricht und eine Vielzahl von neuen Problemen aufwerfen würde.

Olaf Meyer: Stiftungsratspräsident Profond Vorsorgeeinrichtung

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schliesst jegliche Regressansprüche aus.

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