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Experten-Kolumne 17.02.2016 09:34:52

China wertet seine Wirtschaft auf

Kolumne

Das Wirtschaftswachstum in China schwächt sich ab, und die volatilen Aktienmärkte halten Investoren weltweit in Atem. Dass die Aufwertung der chinesischen Wirtschaft in vollem Gange ist, geht inmitten dieser Schlagzeilen leicht vergessen.

Die geplante Syngenta-Übernahme durch ChemChina wäre die bislang grösste Akquisition eines chinesischen Käufers im Ausland, und sie erregt entsprechend hohe Aufmerksamkeit. Doch sie ist nur ein Puzzleteil der Strategie der chinesischen Regierung, die Wirtschaft aufzuwerten - weg von einem investitions- und exportlastigen Wachstumsmodell hin zu einer nachhaltigen, konsumgetriebenen Wirtschaftsstruktur. Zu dieser Umstrukturierung gehören auch Nahrungsmittel von verlässlich guter Qualität.  

Die Wirtschaftsaufwertung hat im Rahmen des 13. Fünfjahresplans oberste Priorität, denn die chinesische Volkswirtschaft muss innovativer und produktiver werden und höherwertige Güter und Dienstleistungen herstellen: Einerseits, um die sich verlangsamenden Wachstumsraten zu kompensieren, anderseits um ein weiterhin kontinuierliches Lohnwachstum sicherzustellen - und das gelingt nur, wenn die Produktivität der Unternehmen sprich die Gewinnmargen steigen.  

Know-how und Wirtschaftsreformen 

Der Kauf von Know-how und Technologie aus dem Ausland ist Teil dieser Aufwertungsstrategie, viel bedeutender sind jedoch die Massnahmen, die in China selbst durchgesetzt werden. Dazu gehören, um nur einige zu nennen, die Reform und Öffnung der Finanzmärkte, Effizienzsteigerungen bei staatlichen Unternehmen und die Stärkung des Privatsektors. Konkrete Instrumente, die die Regierung zur Erreichung dieses Ziels einsetzt, sind hohe Forschungsausgaben an Universitäten, Steuererleichterungen für Hochtechnologieunternehmen sowie ein besserer Schutz geistigen Eigentums, der durch neu geschaffene, spezialisierte Gerichte durchgesetzt werden soll. Quantitative Entwicklungsziele unterstützen die Bemühungen, neue Wachstums- und Produktivitätssteigerungen zu erzielen.  

Aber auch die Reform der Wohnsitzkontrolle (Hukou) ist zentral, da sie direkt und indirekt konsumfördernd wirkt: Erhalten die bislang «illegal» in den Städten lebenden Migrantenarbeiter und ihre Familien Zugang zu den sozialen Netzen wie Gesundheitsversicherung, Altersvorsorge und Ausbildung an ihrem Wohn- und Arbeitsort, werden mehr Mittel für den Konsum frei.  

Der Konsum wird der wichtigste Wachstumstreiber der Wirtschaft in den kommenden Jahren und Jahrzehnten sein. Der Dienstleistungssektor hat in den letzten Jahren massiv an Bedeutung gewonnen. Er leistet schon seit 2012 den wichtigsten Beitrag zum Wirtschaftswachstum und war im letzten Jahr bereits für die Hälfte des Bruttoinlandprodukts verantwortlich. Diesen Trend unterstreichen auch die Zahlen zum Konsum: Die Einzelhandelsumsätze in China wachsen nach wie vor im zweistelligen Prozentbereich, während sie in Europa und den USA stagnieren.

Anspruchsvoller Konsum 

Die Kauflust der immer wohlhabender werdenden Chinesen ist auch im Umfeld moderater Wirtschaftszahlen ungebremst - daran hat auch die deutliche Korrektur der Aktienmärkte nichts geändert. Grund dafür ist einerseits die Tatsache, dass weniger als zehn Prozent der urbanen Chinesen am Aktienmarkt investiert sind, und dies mit vergleichsweise geringen Beträgen. Der Vermögenseffekt der Aktienmarktkorrektur auf das Konsumverhalten der Chinesen ist also höchstens marginal, und beeinflusst die Realwirtschaft kaum. Anderseits führt das jährliche Lohnwachstum von 5 bis 8 Prozent zu immer mehr Mitteln, die für den Konsum von nicht-lebensnotwendigen Gütern ausgegeben werden.  

Im Jahr 2010 hat ein durchschnittlicher chinesischer Haushalt rund 36 Prozent des Einkommens für Lebensmittel ausgegeben. Im Jahr 2030 dürften es noch 18 Prozent sein. Der Anteil der Ausgaben für Wohnen, Bekleidung und Gesundheit wird von 33 auf 38 Prozent des Einkommens steigen, die Ausgaben für Kommunikation, Freizeit, Transport und Ausbildung von 31 auf 44 Prozent. 

Die Zahl der Haushalte, die zu der chinesischen Mittelklasse gehören, wird in den nächsten Jahren infolge des Lohnwachstums exponentiell zunehmen. Die Urbanisierung unterstützt diese Wohlstandsmehrung. Die Chinesen werden nicht nur mehr kaufen, sondern auch immer höherwertigere Güter. Dies trifft vor allem auch für die rasant wachsenden Konsumsegmente der neuen Medien, des Gesundheitswesens und der Ausbildung zu. Die Konsumstory in China hat erst begonnen - und sie geht mit der Aufwertung der Wirtschaft einher.

Raymond Ma: Portfolio Manager, FF China Consumer Fund.

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schliesst jegliche Regressansprüche aus.

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