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12.01.2022 21:21:00
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Oatly-Aktie stürzt ab: Was beim Haferdrink-Hersteller schief läuft
Zehn Milliarden US-Dollar war der Haferdrink-Hersteller Oatly zum Börsengang im Mai 2020 wert. Inzwischen ist die Marktkapitalisierung aber deutlich abgesackt: Eine anhaltende Talfahrt der Oatly-Aktie seit Jahresmitte 2020 hat den Börsenwert auf rund 4,9 Milliarden US-Dollar reduziert. Schuld ist nicht nur die Corona-Pandemie.
• Corona-Pandemie nur ein Belastungsfaktor
• Konkurrenzsituation verschärft
Trotz eines zunehmenden Trends hin zu pflanzlichen Milchalternativen hat der Hafermilch-Pionier Oatly nach dem fulminanten Börsengang ebenso fulminant nachgelassen. Ein Teil der Probleme, die Anleger dazu treiben, die Aktie zu meiden, sind dabei hausgemacht.
Corona-Pandemie und gestörte Lieferketten
Oatly hat in den vergangenen Monaten - wie viele andere Unternehmen auch - die Folgen der Corona-Pandemie zu spüren bekommen. Die Klimadiskussion ist angesichts erneut steigender Infektionszahlen mit COVID-19 und insbesondere seit dem Auftreten der Omikron-Mutation zunehmend aus den Köpfen vieler Anleger verschwunden. Eines der grössten Argumente für den Kauf von Oatly-Produkten, nämlich die Etablierung von Hafermilchprodukten als umweltfreundliche Alternative zu tierischen Milchprodukten, hat damit aktuell etwas an Strahlkraft verloren.
Dennoch bleibt die Nachfrage nach Milchersatzprodukten hoch - Oatly kann diese allerdings nicht komplett befriedigen. Denn die Corona-Pandemie hat sich nicht nur als vorherrschendes Thema in den Köpfen vieler Menschen festgesetzt, sie hat auch wirtschaftliche Folgen für den schwedischen Hafermilchkonzern. Neben Lockdowns und Restaurantschliessungen in vielen Teilen der Welt, die sich negativ auf die Expansionsbemühungen von Oatly auswirkten, sind es insbesondere Störungen der Lieferketten, die die Schweden und deren Geschäft belasten. Die Preise für Rohstoffe sind gestiegen, auch, weil ein schwaches Hafererntevolumen in Kanada und den USA die Haferpreise in die Höhe getrieben hatte.
Noch ist Oatly nicht etabliert und der Markt für Milchersatzprodukte nicht gross genug, um dem Hafermilchhersteller zu ermöglichen, die höheren Kosten durch Preiserhöhungen an die Kunden weiterzugeben.
Schwache Zahlen und gedämpfte Erwartungen
All diese Faktoren führten schlussendlich zu einer schwachen Drittquartalsbilanz, die Anleger zusätzlich verschreckte. Im dritten Quartal setzte Oatly 171,1 Millionen US-Dollar um, was zwar einem deutlichem Anstieg im Vorjahresvergleich entsprach, aber dennoch deutlich unter den Analystenerwartungen lag - die hatten sich im Vorfeld auf 186 Millionen US-Dollar belaufen. Geschockt reagierten Investoren auch auf den Verlust: Unter dem Strich lag das Minus mit 41,2 Millionen US-Dollar rund vier Mal so hoch wie vor Jahresfrist.
Die hohen operativen Verluste sind für Wachstumsunternehmen keine Seltenheit, dass aber zeitgleich das Wachstum ausgebremst wurde, wurde am Markt alles andere als positiv aufgenommen.
Dass Oatly im Rahmen der Bilanzvorlage auch noch die Umsatzerwartung für das Gesamtjahr nach unten korrigieren musste, trug ebenfalls nicht zur Anlegerstimmung bei. Statt mit Erlösen von 690 Millionen US-Dollar rechnet der Hafermilchhersteller für das Jahr 2021 nun mit einem Umsatz von 635 Millionen US-Dollar. Zwar bemühte sich der Geschäftsführer des Unternehmens, Toni Petersson, eine baldige Erholung des Geschäfts vorauszusagen. Seiner Ansicht nach sei im ersten Halbjahr 2022 ein "erhöhter Regalflächenanteil im Einzelhandel angesichts unserer starken Geschwindigkeiten und des aktuellen Angebotsniveaus" zu erwarten. Anleger schluckten diese Beruhigungspille aber nicht.
Qualitätsprobleme belasten zusätzlich
Denn zeitglich räumte Oatly ein, dass die zu erwartenden Umsatzeinbrüche in Europa auch auf ein mögliches Qualitätsproblem zurückzuführen seien. Man untersuche dieses aktuell, die Folge könne aber sein, dass man gezwungen sei, einige Produkte zu entsorgen, so die Schweden im Rahmen der Bilanzvorlage für das dritte Quartal Mitte November.
Um welche Probleme es sich genau handelt, erläuterte Oatly nicht, es hiess lediglich, dass eine der Produktionsstätten betroffen sei, was voraussichtlich zur Vernichtung von Lagerbeständen führen werde.
Zunehmende Konkurrenz
Auch zunehmende Konkurrenz auf dem Markt macht Oatly das Leben schwer. So ist kürzlich mit Plant Veda ein ernsthafter Oatly-Rivale auf dem Börsenparkett angekommen. Die Kanadier wollen sich im Bereich alternative Milchprodukte ein Alleinstellungsmerkmal verschaffen: So sollen die Plant Veda-Produkte nicht einfach als pflanzliche Alternativen hergestellt werden, sondern das Unternehmen plant die Verwendung innovativer Technologien, um einzigartige pflanzliche Molkereialternativen zu entwickeln, die in Bezug auf Gesundheit und Geschmack besser sind als das Original. "Wir haben uns entschieden, ein revolutionäres Produkt zu kreieren, das eine gesunde Mischung aus mehreren Zutaten ist", zitiert "vegconomist" Michael Yang, Präsident von Plant Veda. "Ein Produkt, das nicht nur gut schmeckt, sondern vollkommen natürlich ist und einen umfassenden Nährwert bietet."
Und auch Traditionskonzerne wie Danone mischen auf dem Markt für Milchersatzprodukte mit. Die Franzosen haben zwischenzeitlich nach diversen Übernahmen die Marktführerschaft bei pflanzlichen Milcherzeugnissen inne, Marken wie Alpro und Provamel gehören zum Portfolio des Konzerns. "Jedes fünfte Danone-Produkt in Deutschland wird bis 2025 pflanzlich sein", sagte Deutschlandchef Richard Trechman dem Handelsblatt, auch weltweit will das Unternehmen den Markt mit veganen Artikeln ausbauen.
Auch andere klassische Lebensmittelkonzerne wie der Schweizer Emmi-Konzern und der Lebensmittelriese Nestlé treten als Konkurrenten im Markt für Milchalternativen an und ringen mit Oatly & Co. um Marktanteile.
Diese zunehmende Konkurrenzsituation dürfte bei Oatly künftig die Margen belasten. Angesichts anhaltend roter Zahlen dürfte dies von Anlegern weiter mit Skepsis betrachtet werden.
Expansion und Geschäftsmodell
Den Weg hin zu Profitabilität will Oatly insbesondere durch Expansion gehen. Erst kürzlich hatten die Schweden ein zweites Werk in China eröffnet, in dem jedes Jahr bis zu 150 Millionen Liter Hafermilch produziert werden sollen. Ob der Markt für Milchersatzprodukte in der Region aber so gross ist, wie von Oatly erhofft, stellen einige Beobachter angesichts der Tatsache, dass etwa Chinesen deutlich weniger Milchprodukte konsumieren als Verbraucher in Europa oder Amerika, aber in Frage.
Neben der Eröffnung des China-Werkes hat Oatly zum Jahresende 2021 auch den Ausbau der Kapazitäten in seiner Produktionsstätte in Millville in den USA angekündigt.
Voraussetzung für einen Erfolg der Expansionsbemühungen ist aber insbesondere die Hoffnung, dass pflanzenbasierte Milchprodukte wie die von Oatly den Weg aus der Nische hin in den Mainstream-Verbrauchermarkt schaffen. Dabei könnten sich die Bemühungen von Danone, Nestlé & Co. als hilfreich erweisen, wenn sie mit ihrer Marktmacht dazu beitragen, die Produkte im Alltag neuer Verbraucher zu etablieren.
Einen ersten Schritt in diese Richtung hat Oatly zum Jahresstart selbst unternommen, als das Unternehmen eine Kooperation mit der Deutschen Bahn verkünden konnte. In den Bordbistros der Züge wird künftig auch Oatly-Hafermilch ausgeschenkt. Zuvor hatten es die Schweden bereits in die Filialen der milliardenschweren US-Kaffeehauskette Starbucks geschafft und damit ebenfalls nicht nur einen Grosskunden von sich überzeugt, sondern zeitgleich in Sachen Bekanntheit zulegen können.
Analysten zwiegespalten
Analysten bewerteten die Oatly-Aktie zuletzt uneinheitlich. HSBC-Experte Jeremy Fialko sprach von einer Überbewertung für die Aktie, die Führungsebene habe zudem die Grösse des Hafermilchmarktes "grundsätzlich überschätzt". Zudem zeigte er sich besorgt, dass Oatly zu viel in Wachstum investiert habe, was sich schlussendlich negativ auf die Margen auswirken werde und die Schweden unter Umständen zu Kapazitätskürzungen zwingen werde.
Die Oatly-Aktie kommt dennoch auf eine durchschnittliche "Overweight"-Bewertung, das durchschnittliche Kursziel liegt mit 15,29 US-Dollar deutlich über dem aktuellen Kursniveau.
Redaktion finanzen.ch
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