Sanktionen befürchtet |
08.07.2022 21:09:00
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Viktor Vekselberg könnte für Sulzer, Medmix, Oerlikon und Co. vom Grossaktionär zum grossen Problem werden
Der Milliardär Viktor Vekselberg ist seit mehr als zehn Jahren an diversen Schweizer Firmen beteiligt - und steht aufgrund seiner Nähe zum Kreml und dem russichen Präsidenten Wladimir Putin bereits seit 2018 auf der Sanktionsliste der USA. Mit dem Ukraine-Krieg wächst nun die Angst, dass schärfere Auflagen gegen ihn auch seinen Beteiligungen in der Schweiz schaden könnten.
• Aktien der Schweizer Firmen mit "Vekselberg-Abschlag"
• Beteiligung an Sulzer 2018 aufgrund von US-Sanktionen reduziert - ähnlicher Schritt auch heute gefordert
Eigentlich scheint Viktor Vekselberg ein Investor von dem Typ zu sein, den sich jedes Unternehmen wünscht: langfristig orientiert und mit dem Wohl seiner Beteiligungen im Sinn. Laut "Handelszeitung" besitzt er rund 30 Beteiligungen in Russland, Südafrika, Italien, Zypern und der Schweiz mit Schwerpunkt auf Industrie, Minen, Metallschmelzen, Maschinen- und Turbinenbauern. Aber auch weitere Unternehmen aus anderen Branchen gehören zu seinen Investments. In der Schweiz ist der Milliardär laut "NZZ" indirekt über diverse Holdinggesellschaften an Sulzer, Medmix, OC Oerlikon, Swiss Steel und Züblin Immobilien beteiligt. Einen Teil dieser Beteiligungen hält der Investor laut "Swissinfo" bereits seit dem Jahr 2007.
Er wäre ein idealer Ankerinvestor für diese Unternehmen - wenn da nicht seine Verbindungen zum Kreml und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin wären. "Wir werden in der Schweiz oft mit der Bemerkung konfrontiert, dass Renova [ein von Vekselberg mitgegründetes Beteiligungskonglomerat; Anm. d. Red.] in den Händen des Kremls sei. Meine Treffen mit dem Präsidenten wurden so verstanden, dass ich Anweisungen erhalten haben soll. Das ist totaler Unsinn. Unsere Investitionen in Schweizer Produkte haben nichts mit der russischen Regierung oder dem russischen Staatskapital zu tun", stritt Vekselberg laut "Swissinfo" zwar bereits im Jahr 2008 entsprechende Vorwürfe ab, das hinderte die USA in der Vergangenheit allerdings nicht daran, den Oligarchen mit Sanktionen zu belegen. Mit dem Andauern des Ukraine-Kriegs steigt nun die Sorge, dass auch die EU den Milliardär auf ihre Sanktionsliste setzen könnte, die die Schweiz normalerweise übernimmt. Für die Schweizer Firmen, die aufgrund ihrer Verbindungen zu Vekselberg an der Börse ohnehin bereits abgestraft werden, würde das neue Probleme mit sich bringen und ihre Geschäftstätigkeiten voraussichtlich deutlich einschränken. Doch ein Rückzug von Vekselberg aus der Schweiz erscheint momentan wenig wahrscheinlich.
Vekselberg als Investor zu haben wirkt sich negativ auf den Aktienkurs aus
Bereits im Frühjahr 2018 - und damit lange vor Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine - belegten die USA Viktor Vekselberg mit Sanktionen. Da der Investor zu diesem Zeitpunkt laut "NZZ" mit einem Anteil von 63 Prozent Mehrheitsaktionär bei Sulzer war, wäre auch der Schweizer Industriekonzern direkt von den Sanktionen betroffen gewesen. Durch die Reduzierung seiner Beteiligung auf 49 Prozent "rettete" Vekselberg jedoch das Unternehmen, es wurde von der Sanktionsliste ausgenommen. Auch heute noch hält der in der Ukraine geborene Milliardär 49 Prozent an Sulzer - und auch sonst übersteigt keine seiner Schweizer Beteiligungen die Schwelle von 50 Prozent: Bei Medmix hält Vekselberg laut "NZZ" 41 Prozent der Stimmrechte, bei OC Oerlikon sind es 18 Prozent, bei Züblin Immobilien ist er mit 42 Prozent beteiligt und bei Swiss Steel sind es 7 Prozent.
Auch wenn Vekselberg durch das Nicht-Überschreiten der 50-Prozent-Schwelle offenbar versucht, seine Beteiligungen vor Sanktionen gegen ihn zu schützen, war das bislang nur bedingt erfolgreich. So liegt der Aktienkurs von Züblin seit den US-Sanktionen gegen Vekselberg um rund 40 Prozent unter dem inneren Wert, wie die Firma gegenüber "NZZ" sagte. Das sei zwar tiefer als in der Immobilienbranche üblich, das operative Geschäft werde davon aber nicht negativ beeinflusst. Auch der Kurs der Oerlikon-Aktie ist seit Frühjahr 2018 um rund die Hälfte zurückgegangen, was laut "NZZ" von dem Unternehmen als "Vekselberg-Abschlag" bezeichnet wird. Das Unternehmen selbst beziffere seinen intrinsischen Wert eher auf sechs oder sieben Milliarden Franken, aktuell ist es an der Börse aber nur rund zwei Milliarden Franken wert. "Dass Oerlikon immer wieder als Vekselberg-Unternehmen ins Spiel gebracht wird, ist ein Wahrnehmungsfehler", sagte jüngst auch Oerlikons VR-Präsident Michael Süss. So sei die Beteiligung von Viktor Vekselberg an Oerlikon anders gestaltet als bei Sulzer oder Medmix, denn bei Oerlikon sei der Milliardär lediglich über einen Trust beteiligt, bei dem er einer der Nutzniesser sei.
Bei Sulzer kann der Investor aufgrund seiner 49-Prozent-Beteiligung hingegen massgeblich über die Strategie des Unternehmens mitentscheiden und entsendet laut "NZZ" ausserdem zwei Vertreter in den Verwaltungsrat. Aufgrund der US-Sanktionen ist er zwar ein Minderheitsaktionär, der seine wirtschaftlichen Rechte nicht ausüben darf und somit weder Aktien verkaufen kann, noch Zugang zu Dividendenzahlungen hat, allerdings wirken sich Nachrichten zu Vekselberg beziehungsweise Russland durchaus auf den Kurs der Sulzer-Aktie aus, wie "NZZ" herausgefunden hat. So korreliere der Aktienkurs von Sulzer normalerweise mit der Preisentwicklung von Rohöl - ausser, wenn entsprechende Nachrichten aufkommen und dem Kurs einen Dämpfer versetzen würden. Ein ähnlicher Effekt sei auch bei der Medmix-Aktie zu sehen.
Auch vor offiziellen Strafmassnahmen sind diese beiden Schweizer Unternehmen nicht mehr sicher. Im Mai 2022 hat die polnische Regierung Sanktionen erlassen, welche beide Unternehmen zur Einstellung ihrer Aktivitäten in Polen zwangen. Die Massnahmen richten sich zwar eigentlich gegen Vekselberg, wurden jedoch auf die polnischen Gesellschaften der beiden Unternehmen ausgeweitet, da der Oligarch dort Hauptaktionär ist. Bei Sulzer macht das Polen-Geschäft laut AWP lediglich 0,6 Prozent des Konzernumsatzes aus, eine Einstellung der polnischen Aktivitäten kann der Konzern also verkraften. Anders sieht es bei Medmix aus, das rund 18 Prozent des Jahresumsatzes in Polen erzielt. Der Aktienkurs des Sulzer Spin-offs brach dementsprechend auch deutlich ein.
Vekselberg kann nicht einfach bei Schweizer Unternehmen aussteigen - selbst wenn er wollte
Die Sanktionen gegen Sulzer und Medmix könnten "die Sorgen der Investoren um ein breiteres Sanktionsrisiko neu entfachen", schrieb die UBS laut AWP in einem Kommentar. Auch Arben Hasanaj von Vontobel geht laut "NZZ" davon aus, dass das Management von Sulzer nun handeln müsse. "Seit 2018 hiess es von Sulzer, dass das Geschäft durch die Verbindung mit Vekselberg nicht beeinträchtigt sei. Jetzt hat ein neues Kapitel begonnen", so Hasanaj. Er befürchtet, dass andere Staaten sogar eine noch härtere Gangart einschlagen könnten. Ein institutioneller Sulzer-Investor, der nicht namentlich genannt werden wollte, sagte gegenüber "NZZ", dass Vekselberg sich nun - zumindest teilweise - von seiner Sulzer Beteiligung trennen sollte. "Vekselberg muss erkennen, dass eine Desinvestition die bessere Option nicht nur für das Unternehmen und Minderheitsaktionäre ist, sondern auch für sein eigenes Vermögen", so der Investor. Denn bei weiteren Sanktionen würde der Sulzer-Aktienkurs und damit auch der Wert von Vekselbergs Investment weiter sinken.
Was für Sulzer und Medmix gilt, trifft natürlich auch auf Vekselbergs andere Beteiligungen in der Schweiz zu. Auch sie können sich wohl nicht mehr in Sicherheit vor weiteren Sanktionen wähnen. Das Problem ist nur: Vekselberg kann seine Anteile nicht einfach reduzieren. Aufgrund der gegen ihn bestehenden US-Sanktionen benötigt er laut "NZZ" für jede Transaktion eine Ausnahmegenehmigung der amerikanischen Sanktionsbehörde Office of Foreign Assets Control (Ofac). Die hatte er zwar 2018 erhalten, als er seinen Sulzer-Anteil auf 49 Prozent reduziert hatte - ob das jedoch auch heute noch einmal der Fall sein würde, ist offen.
Doch selbst falls die Ofac eine oder mehrere Genehmigungen erteilen sollte, bleibt ein weiteres Problem für den Oligarchen: Er würde den Erlös aus dem Verkauf nicht erhalten. Stattdessen dürfte dieser, wie auch die seit 2018 aufgelaufenen Dividenden, aufgrund der US-Sanktionen auf ein Sperrkonto fliessen, auf das der Investor erst zugreifen kann, wenn sein Name wieder von der Sanktionsliste gestrichen wird. Mit seinem Alter von 65 Jahren hat Viktor Vekselberg zwar voraussichtlich noch etwas Zeit und könnte auf diesen Zeitpunkt warten - doch warum sollte er sein Kapital freiwillig auf einem Sperrkonto parken, wo es ihm nichts nutzt? Als Investor dürfte er sein Geld lieber in Firmen wie Sulzer oder Medmix belassen, die trotz Lieferkettenproblemen, steigenden Materialkosten und Ukraine-Krieg mit gut gefüllten Auftragsbüchern ins Jahr 2022 gestartet sind und operativ eigentlich gut dastehen. So kann sein Kapital für ihn arbeiten - auch wenn er nicht darauf zugreifen kann - und er kann weiter bei wichtigen Entscheidungen der Firmen mitsprechen.
Redaktion finanzen.ch
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