Regierung will Kontrolle |
04.09.2021 22:39:00
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Wirtschaftswissenschaftler: "Dalio liegt falsch" mit seiner Einschätzung zu China-Aktien
Die chinesische Regierung greift seit einigen Monaten bei grossen Unternehmen des Landes immer härter durch. Während Hedgefondsmanager Ray Dalio keinen Grund zur Sorge sieht, widerspricht ein China-Experte heftig und sieht bei Chinas Staatspräsident Xi Jinping ein grosses Verlangen nach Kontrolle.
• Massnahmen zeigen Streben der kommunistischen Partei nach Kontrolle
• Chinesische Tech-Aktien nicht wie Wachstumstitel behandeln
Seitdem die chinesische Regierung dem geplanten IPO der Ant Group nach kritischen Kommentaren von Alibaba-Chef Jack Ma einen Riegel vorgeschoben hat, macht sie mit immer neuen Regulierungen - vor allem für Tech-Konzerne - von sich reden. Zuletzt wurde bekannt, dass China es bestimmten Unternehmen wohl sogar untersagen will, einen Börsengang in den USA vorzunehmen.
Angesichts dieser Entwicklungen blicken Anleger nervös auf chinesische Aktien. Einer, der jüngst versuchte, die Wogen etwas zu glätten, ist Hedgefondsmanager Ray Dalio. Er schrieb kürzlich auf LinkedIn, dass er trotz der härteren Regulierungen der chinesischen Regierung für im Ausland gelistete Firmen weiterhin grosses Potenzial bei China-Aktien sehe. Laut Dalio würden die chinesischen Behörden lediglich versuchen, die richtige regulatorische Antwort auf ein sich schnell veränderndes Kapitalmarkt-Umfeld zu finden, seien aber an sich nicht anti-kapitalistisch. Das beweise der Trend in China der letzten 40 Jahre, den Dalio weiterhin für intakt hält. Gegen Dalios Einschätzung der Situation regt sich jedoch Widerspruch.
Wirtschaftswissenschaftler anderer Meinung als Dalio: China im Kontrollwahn
"Ich glaube, Dalio liegt falsch", sagte der Ökonom George Magnus Ende August im Interview mit "CNBC". Magnus arbeitet am China Center der University of Oxford und war früher Chef-Ökonom der Schweizer Grossbank UBS. Wie er gegenüber dem US-Fernsehsender sagte, ginge es beim Durchgreifen in China vor allem um das Streben der kommunistischen Partei nach der politischen Kontrolle grosser Konzerne und Unternehmer.
Man müsse sich alles, was in China passiert, mit der Frage im Hinterkopf ansehen, wie es den Interessen der kommunistischen Partei diene, so Magnus im "CNBC"-Interview. Auch im Fall der strengeren Regulierung sei dies das passende Objektiv, um die Sache zu betrachten. So gäbe es laut dem China-Experten zwar einzeln betrachtet bei jedem betroffenen Unternehmen eine eigene Geschichte und einen individuellen Grund, aus dem das Einschreiten der chinesischen Regierung in gewisser Weise gerechtfertigt sei, insgesamt betrachtet gehe es aber um den Versuch der kommunistischen Partei, private Firmen und Unternehmer unter die Kontrolle und den Einfluss der kommunistischen Partei zu bringen, so der Ökonom.
Wie Magnus im August in einem Beitrag für das SOAS China Institute der University of London schrieb, komme das strikte Vorgehen von Chinas Regierung auch nicht überraschend, sondern habe sich bereits seit mehr als einem Jahr abgezeichnet. Dafür verwies er auf eine Rede von Chinas Staatspräsident Xi Jinping aus dem Juli 2020. "Mehr Geschäftsleute hätten darauf achten sollen, was Xi gesagt hat, nämlich dass sich der private Sektor der ideologischen und politischen Führung der Partei werde unterordnen und Konformität und Gehorsam in Bezug auf die Ziele der Partei in [...] Schlüsselbereichen werde kultivieren müssen", schrieb der China-Kenner. Im Gespräch mit "CNBC" führte er noch einmal konkret an, dass von Unternehmern wie Alibabas Jack Ma oder Tencents Pony Ma erwartet werde, dass sie die Ziele der Partei unterstützen. Als der Alibaba-Gründer sich im vergangenen Jahr jedoch öffentlich kritisch über die chinesischen Regulatoren geäussert hatte, stellte er sich genau gegen diese Erwartungen - und sorgte so wohl dafür, dass China mit härterem Durchgreifen nun versucht, Unternehmer und Firmen besser auf Kurs zu halten.
Chinas Kontrollwahn schlecht für Wirtschaft und Kurs von China-Aktien
"Wir sollten Xi Jinpings Entschlossenheit, die Reichen und die kapitalistische Klasse zu verfolgen, nicht auf die leichte Schulter nehmen, da er womöglich die Anhäufung von Reichtum als Gefahr für die Macht und den Status der Partei und sich selbst ansieht", so George Magnus im Artikel für das SOAS China Institute. "Alles an Xis China deutet auf ein Verlangen nach Kontrolle und leninistischer Disziplin hin, die nicht kompatibel sind mit guten wirtschaftlichen Ergebnissen", heisst es dort weiter. Das hat seiner Meinung nach auch starke Auswirkungen auf chinesische Tech-Aktien. "Das, was wir üblicherweise als Wachstumsaktien und Wachstumsfirmen ansehen, […] wird und sollte nicht als Wachstumsaktien gehandelt werden, da sie politisiert wurden", so Magnus bei "CNBC". "Kapital wird in China politisiert", ergänzte er.
Daher teilt der Wirtschaftswissenschaftler auch nicht Ray Dalios optimistische Einschätzung in Bezug auf China-Aktien. "Der Bewertungsrutsch, den wir seit Februar bei vielen dieser Aktien in China sehen, ist ziemlich dauerhaft", so Magnus. "Ich glaube nicht, dass die Bewertungen in China, bei vielen von den Tech-Aktien, tatsächlich dort sein sollten, wo sie früher waren", dämpfte er die möglichen Erwartungen der Anleger.
Eine Erklärung dafür, warum Hedgefondsmanager Ray Dalio dies anders sieht, hat der China-Experte ebenfalls parat. "Offensichtlich hat er ein grosses Geschäft in China, also würde [Dalio] das natürlich sagen, oder nicht?", so Magnus laut "CNBC". Tatsächlich hat sich Dalio laut dem US-Sender im vergangenen Jahr mit Blick auf China mehrfach bullish geäussert und laut "Bloomberg" im September 2020 mit seiner Gesellschaft Bridgewater Associates umgerechnet rund 136 Millionen US-Dollar für seinen zweiten China-Fonds eingesammelt. Der Hedgefondsmanager hat dadurch seine Investitionen in den chinesischen Aktienmarkt deutlich vergrössert - und ihm ist vermutlich nicht daran gelegen, dass seine Kunden die Gelder aufgrund der Regulierungssorgen nun bereits wieder abziehen.
Redaktion finanzen.ch
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