Experten-Kolumne |
24.06.2015 17:15:08
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Was passiert mit den Renten?
Kolumne
Die Frage, ob Renten gesenkt werden müssen, ist zurzeit das bestimmende Thema in der Vorsorge. So gilt es zu unterscheiden, ob wir von bereits bestehenden Renten oder von zukünftigen Renten-verpflichtungen sprechen.
Noch steht der Wall, der die bestehenden Renten schützt, doch mehren sich die Zeichen, dass hier Anpassungen stattfinden sollen. Das Hauptargument für eine Senkung der Renten in der 2. Säule besteht darin, dass die erwarteten Kapitalerträge, die in den Rentenzahlungen einkalkuliert sind, nicht erwirtschaftet werden und damit eine Subventionierung durch die arbeitenden Versicherten erfolgt. Andererseits ist anzumerken, dass Vorsorgeeinrichtungen hier bindende Verpflichtungen eingegangen sind und deshalb rechtliche Ansprüche der Rentner bestehen.
Letztendlich lässt sich nie mit Sicherheit voraussagen, ob die geplante Rendite für Rentner erreicht werden kann oder nicht. Erst nach dem Tod der Person lässt sich individuell feststellen, ob das Kapital ausreichend war. Selbst wenn heutige Rentner Verluste bei den Aktiven verursachen, so ist festzuhalten, dass sie dafür nicht verantwortlich sind. Diese Verluste resultierten aus der Anwendung falscher Parameter oder einer verfehlten Anlagepolitik der Vorsorgeeinrichtungen. Damit werden Aktiv Versicherte zu Aktionären der Vorsorgeeinrichtung, die mit ihrem Vermögen für die Verbind-lichkeiten der Rentner haften, jedoch auch etwaige Gewinne erhalten. Eine absolute Gerechtigkeit in der Verteilung der Gelder zwischen Aktiv Versicherten und Rentnern ist in der 2. Säule eher schwierig zu vollziehen, unter anderem weil eine Vorhersage der Rendite oder des Todeszeitpunktes nicht möglich ist.
Nicht Verteilungs- sondern Effizienzproblem
Andererseits ist festzustellen, dass kumuliert über die 2. Säule für die Aktiv Versicherten zurzeit bei vielen Kassen ein nur sehr bescheidener Anteil an der erwirtschafteten Rendite übrig bleibt. Kritisch kann gesagt werden, dass es sich nur teilweise um ein Verteilungsproblem, sondern auch um ein Effizienzproblem handelt, da es ja auch Ziel sein muss, ausreichende Renditen für alle Mitglieder zu erwirtschaften.
In Abwägung all dieser Argumente erscheint es mir kaum möglich, eine Reduktion der bestehenden Renten zu legitimieren. Rentner haben einen Anspruch auf die erworbenen Renten und es gilt der Vertrauensschutz. Das Prinzip ist sicher auch für die 1. Säule gültig, auch wenn die Beiträge im Umlageverfahren nicht für die eigene Rente verwendet wurden.
Umwandlungssätze dürften verringert werden
Für die zukünftigen Rentner gibt es jedoch noch keine bindende Rentenhöhe. Die heutigen Umwandlungssätze sind noch nicht definitiv und dürfen verringert werden. Die negativen Zinsen, die für kurzfristige Einlagen und auch für längerfristig sichere Obligationen anfallen, stellen die typische Anlage für Rentenkapital dar. Deshalb ist eine weitere Senkung des Umwandlungssatzes absehbar, falls die Zinsen nicht doch wieder ansteigen.
Generell stellt sich für viele Vorsorgeeinrichtungen deshalb die Frage, inwieweit eine neue, vielleicht akzeptierbarere Form der Umverteilung mehr Akzeptanz findet. Dies könnte durch Renditen, die weiterhin - aber mit höheren Risiken - auf gleicher Höhe gehalten werden, erreicht werden. Für den Einzelnen wird diese Variante attraktiver sein, da die sonst sicheren Umverteilungsverluste in Schwankungen umgewandelt werden, die letztendlich für ihn auf die lange Frist keine oder geringere Verluste verursachen. So ergibt eine Analyse der Verteilung auf Basis der risikoadjustierten Rendite an Aktiv Versicherte und Rentner zwar immer noch eine Umverteilung, allerdings ist diese nun weniger sichtbar. Diese Vorgehensweise ist sicher auch deshalb attraktiv, da für den einzelnen Versicherten das Kapital garantiert ist und negative Auswirkungen von Anlagerisiken auf der individuellen Ebene dadurch stark abgefedert sind.
Ziele kommunizieren
Die negativen Zinsen beleben sowohl die Frage, ob nicht unveränderte Renditen mit höherem Risiko erwirtschaftet werden sollen als auch die Diskussion um die Verteilungsgerechtigkeit. Vorsorgeeinrichtungen positionieren sich in diesen Themen mittels Anlage- und Verzinsungspolitik.
Es ist deshalb wichtig zu kommunizieren, welche Ziele eine Vorsorgeeinrichtung anstrebt. Generell kann wohl ausgesagt werden, dass eine radikale Anwendung der negativen Zinssituation dazu führen müsste, dass ein negativer technischer Zinssatz für Rentner eingeführt wird. Dies bedeutet, dass die 2. Säule ökonomisch kaum mehr zu rechtfertigen ist. Zu diesem Dilemma muss jede Vorsorge-einrichtung Stellung nehmen.
Es erscheint mir jedoch pragmatisch diese Situation zu entschärfen, indem sowohl für Aktiv Versicherte als auch für Rentner in der 2. Säule eine „gefühlt" attraktive ökonomische Entschädigung gezahlt wird. Eine Kasse mit hoher Rendite (und hohem Risiko) wird dazu eher in der Lage sein als eine Kasse mit geringer Rendite (und geringerem Risiko), da die „gefühlte“ Umverteilung für die Aktiv Versicherten geringer ist.
Olaf Meyer: Stiftungsratspräsident Profond Vorsorgeeinrichtung
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schliesst jegliche Regressansprüche aus.
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