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23.02.2024 22:52:00
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Ungeachtet der US-Sanktionen: Chinas Halbleiterindustrie auf Wachstumskurs
Zwischen den USA und China ist in den letzten Jahren ein hitzig geführter Wirtschaftskonflikt erwachsen, der sich insbesondere auch im Bereich der Halbleiter-Industrie abspielt. Die USA haben chinesische Chip-Unternehmen mit Sanktionen belegt - dennoch scheint Chinas Halbleiterindustrie aufzublühen.
• Experten vom chinesischen Erfolg überrascht
• Herausforderungen bleiben - China fehlen EUV-Lithografieanlagen
Der Technologie-Krieg zwischen China und USA erhitzt schon seit Jahren die Gemüter in Tech-Kreisen. Ein Hauptziel der USA ist dabei die Schwächung der chinesischen Halbleiter-Industrie. Mittels Sanktionen versucht die USA, Chinas Fähigkeit einzuschränken, die weltweit fortschrittlichsten Chips herzustellen. 2020 setzte die USA einige chinesische Unternehmen - allen voran den Branchenprimus Semiconductor Manufacturing International Company (SMIC) - auf die Schwarze Liste (auch Entity List genannt). Auch der Telekommunikationsausrüster und Hardwarehersteller Huawei befindet sich auf der US-Sanktionsliste. Alle Unternehmen darauf sollen von ausländischen Schlüsseltechnologien abgeschnitten werden, die es ermöglichen würden, modernere Chips herzustellen. Hintergrund der Sanktionen sind Vorwürfe der USA, Peking nutze die Chip-Technologie für militärische Zwecke.
ASML liefert keine EUV Lithografieanlagen nach China
Im Oktober 2023 verschärften die USA die Beschränkungen nochmals, um den Verkauf von Chips mit künstlicher Intelligenz und Halbleiterwerkzeugen an China zu verhindern. Der Aufforderung der USA an ihre Bündnispartner, ebenfalls Massnahmen gegen die chinesische Halbleiterindustrie einzuführen, folgte die Niederlande, als sie formell Ausfuhrbeschränkungen für "fortschrittliche" Halbleiterfertigungsanlagen einführte.Die Teilnahme der Niederlande ist insofern besonders bedeutsam, als dass der multinationale Konzern ASML im niederländischen Veldhoven beheimatet ist. ASML ist für die globale Chip-Industrie von essenzieller Bedeutung, da es sich auf die Herstellung von EUV (Extreme Ultraviolet)-Lithografieanlagen (Extreme Ultraviolet) spezialisiert hat. Diese Maschinen spielen eine entscheidende Rolle bei der effizienten und kostengünstigen Herstellung der modernsten Chips. Diese Systeme verwenden Laser, um die Schaltkreise von Chips zu erstellen. ASML verzeichnete dank der extrem steigenden Nachfrage nach Elektro-Chips zuletzt enorme Gewinnzuwächse.
Dennoch: Der Erfolg der Chip-Sanktionen gegen China scheint eher durchwachsen zu sein, wie jüngste Entwicklungen zeigen.
Huawei-Schock 2023 überraschte Sektor-Experten
Dass die chinesische Halbleiter-Industrie nämlich trotz der US-Sanktionen bedeutende technologische Fortschritte verzeichnet, wurde spätestens mit dem Launch des Huawei-Smartphones Mate 60 im September 2023 klar. Dieses Modell ermöglicht 5G-Konnektivität und beinhaltet einen Chip, der von SMIC in einem 7-Nanometer-Verfahren hergestellt wurde. Das Nanometermass ist bei elektronischen Chips eine wichtige Kennziffer, da es die Grösse jedes einzelnen Transistors auf einem Chip bezeichnet. Eine kleinere Transistorgrösse ermöglicht es, eine grössere Anzahl von Transistoren dicht auf einen einzigen Halbleiter zu packen. In der Regel führt eine Verkleinerung der Nanometerabmessungen zu leistungsfähigeren und effizienteren Chips.
Die von Huawei verwendete 7-Nanometer-Technologie gilt als sehr fortschrittlich im Bereich der Halbleiter-Industrie, wenngleich sie nicht unbedingt die jüngste Innovation ist. Zum Vergleich: In den neuesten High-End-iPhones von Apple werden Chips im 3-Nanometer-Verfahren hergestellt. Nichtsdestotrotz verdeutlichte die Verwendung der 7-Nanometer-Technologie, dass China lange nicht so stark im Chip-Rennen zurück hinkt, wie es sich die USA erhoffte. Chip-Experten rund um den Globus zeigten sich beeindruckt von SMICs Innovationen, zumal der chinesische Chip-Branchenführer keinen Zugang zu EUV-Werkzeugen auf neuestem Stand hat. Bald könnte die chinesische Halbleiter-Industrie sogar nachlegen: Einem aktuellen Bericht der "Financial Times" zufolge errichtet SMIC neue Produktionslinien zur Herstellung von 5-Nanometer-Chips für Huawei. Dieser Schritt würde einen weiteren Entwicklungssprung für Chinas führenden Chiphersteller bedeuten.
Wie macht Chinas Chip-Industrie trotz Sanktionen solche Fortschritte?
Es stellt sich die Frage, wie es China trotz der Sanktionen gelingen kann, immer bessere Chips zu entwickeln. Zuvor hatten Branchenexperten in Ermangelung von EUV-Werkzeugen (Extreme Ultraviolet) mit Herausforderungen für SMIC bei der Herstellung von 7-Nanometer- und kleineren Chips gerechnet. In einem CNBC-Interview mit einem Branchenexperten wurde anlässlich des Mate 60-Launch die Möglichkeit geäussert, dass SMIC ältere Chipherstellungswerkzeuge für die Herstellung fortschrittlicherer Chips einsetzt. Die Journalisten der Financial Times kamen kürzlich zu einem ähnlichen Ergebnis: Unter Berufung auf zwei mit den Plänen vertraute Personen wurde in dem Bericht die Absicht von SMIC hervorgehoben, seinen derzeitigen Bestand an Halbleiterausrüstungen aus den USA und den Niederlanden zur Herstellung von 5-Nanometer-Chips zu nutzen, was eine Weiterentwicklung der bestehenden 7-Nanometer-Technologie darstellt."SMIC arbeitet jetzt sehr eng mit den einheimischen Werkzeugherstellern zusammen, indem es seine bestehende Basis an fortschrittlichen Lithografiegeräten nutzt und auf andere externe Expertise zurückgreift, wie zum Beispiel von Huawei, um die Ausbeute bei fortgeschrittenen Knotenprozessen ständig zu verbessern", erklärte Paul Triolo, ein Partner bei der Beratungsfirma Albright Stonebridge, gegenüber CNBC. "Im Moment ist es SMIC also möglich, die Fähigkeiten und Ausbeuten bei 7 Nanometern und bald auch bei 5 Nanometern für eine kleine Anzahl von Kunden, hauptsächlich Huawei, weiter zu verbessern."
Trotzdem steht die chinesische Halbleiter-Branche vor grossen Herausforderungen
Trotz der erstaunlichen Innovationen dürfte es für die chinesische Halbleiter-Industrie schwierig bleiben, global wettbewerbsfähige Chips herstellen zu können. Die Verwendung veralteter Geräte für die moderne Chipproduktion stellt nach gängiger Expertenmeinung zwei grosse Herausforderungen dar. Erstens steigen die Herstellungskosten im Vergleich zum Einsatz moderner Werkzeuge. Zweitens besteht die Sorge, dass die Chipausbeute mit älteren Anlagen geringer ausfällt.Nach Angaben der Financial Times musste SMIC für Produkte aus seinen 5-Nanometer- und 7-Nanometer-Produktionsprozessen 40 bis 50 Prozent mehr verlangen als der taiwanesische Chip-Hersteller Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (SMC), der weltweit grösste Auftragsfertiger von Chips für Unternehmen wie Apple und NVIDIA.
Pranay Kotasthane von der Takshashila Institution erklärt denn auch, dass die Kosten trotz kontinuierlicher Investitionen von SMIC und China mit jeder neuen Chipgeneration steigen werden, sofern sie nicht eine EUV-Maschine von ASML erwerben - und dies ist in Anbetracht der niederländischen Sanktionen derzeit nicht möglich. "SMIC könnte die derzeitigen Ertragsprobleme überwinden, indem es mehr Geld investiert. Diese Investitionen könnten sogar von den Regierungen kommen, da dies zu einer Frage des nationalen Ansehens geworden ist", so Kotasthane. "Aber das Ausmass der Übernahme höherer Kosten wird mit jeder weiteren Chip-Generation nur noch zunehmen. Die Kosten werden weiter steigen, es sei denn, China findet eine wichtige Alternative für EUV."
Angesichts dieser Probleme muss sich China die Fortschritte bei der Chip-Technologie mühsam erarbeiten. Ob die chinesische Halbleiter-Industrie es mittel- bis langfristig mit dem westlichen Innovationsniveau aufnehmen oder sogar die Chip-Hersteller in den USA, Europa oder Taiwan übertrumpfen kann, erscheint den Branchenkennern zumindest aus heutiger Sicht deshalb eher zweifelhaft.
Redaktion finanzen.ch
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